Fahrer überwacht Gäste: Big Brother im Taxi

Ein Münchner Taxler filmt zur Sicherheit seine Fahrgäste – ein Novum in der Stadt. TV-Staatsanwalt Sewarion Kirkitadse empört sich darüber.
von  Torsten Huber
Mit dieser Kamera überwacht der Taxler seinen Fahrgastraum
Mit dieser Kamera überwacht der Taxler seinen Fahrgastraum © Torsten Huber

Ein Münchner Taxler filmt zur Sicherheit seine Fahrgäste – ein Novum in der Stadt. TV-Staatsanwalt Sewarion Kirkitadse empört sich darüber – jetzt prüft das Kreisverwaltungsreferat die Rechtslage

München - Markus Schmidl (68) ist im Münchner Taxigewerbe ein alter Hase: „Seit 1977 fahre ich in dieser Stadt Taxi.“ Vor einem halben Jahr habe er sich aus Sicherheitsgründen eine Überwachungskamera aufs Armaturenbrett montiert: „Die ist legal. Ich habe mich erkundigt“, meint Schmidl.

Der bekannte TV-Staatsanwalt und Strafverteidiger Sewarion Kirkitadse („Richter Hold“, „K 11“) sieht das aber anders – und hat jetzt dem Taxler die Kamera vorerst abgeschaltet: „Das ist ein klarer Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz. Der kann doch nicht einfach fremde Leute filmen, die in seinem Taxi sitzen. Wenn da ein prominenter Politiker mit vier Prostituierte einsteigt, darf er die Personen nicht auf Film festhalten.“ Der Zwischenfall passierte am Rosenmontag, gegen 20 Uhr. Sewarion Kirkitadse, seine Ehefrau Isabella und deren Cousine bestiegen das Taxi am Viktualienmarkt. „Wir wollten in ein Lokal zum Essen. Ich saß gemütlich auf dem Beifahrersitz, schaute nach hinten und unterhielt mich mit meiner Frau und ihrer Cousine. Ich habe die Kamera erst nicht bemerkt“, erinnert sich der Jurist.

Nach einer kurzen Fahrt für fünf Euro und zehn Cent zog der Anwalt seinen Geldbeutel: „Da sah ich die Kugel auf dem Armaturenbrett. Ich fragte, was das ist.“ Taxler Schmidl machte keine Umschweife und klärte den Juristen auf. Da war die Faschingsstimmung bei Kirkitadse dahin. Er schimpfte: „Das ist nicht erlaubt!“ Der Jurist kramte einen Zettel hervor und ließ den Taxifahrer eine Unterlassungserklärung unterschreiben, dass er die Aufnahmen nicht verwenden darf und unverzüglich löschen muss.

„Ich habe ihm gesagt, dass er sich einen guten Anwalt suchen soll, wenn er die Kamera nicht abschaltet. Ich persönlich werde dieses Mal keine Anzeige erstatten“, sagte Sewarion Kirkitadse, fügte aber an: „Mir hat der Taxifahrer dann noch erzählt, dass das nur eine Attrappe sei.“

Taxifahrer Markus Schmidl ist jetzt völlig verunsichert. „Ich habe doch extra einen roten Hinweiszettel unter der Kamera angebracht. Darauf steht in deutsch und englisch, dass dieses Taxi eine Videoüberwachungskamera hat. In den U- und S-Bahnhöfen und Zügen gibt es ja auch Kameras.“

Im Kreisverwaltungsreferat (KVR) hat man sich in der zuständigen Abteilung noch nicht festgelegt. KVR-Sprecherin Daniela Schlegel: „Es gibt im Gesetz keine eindeutige Regelung. In dem Personenbeförderungsgesetz steht nichts darüber. Wir wussten auch nicht, dass so etwas in München praktiziert wird. In Bremen läuft gerade ein Versuch mit Taxis, in denen Überwachungskameras angebracht sind.“ Taxler Schmidl könnte nach Auffassung des KVR mit dem Datenschutz kollidieren. Schlegel: „Wir werden den Fall prüfen, damit Rechtssicherheit herrscht.“

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