Ex-Krebskranke Münchner: "Ich kann in diesem Zustand nicht arbeiten"
München – "Sie haben Krebs." Nur wenige Diagnosen fühlen sich so sehr wie ein Damoklesschwert an, das über dem eigenen Kopf hängt.
Keiner weiß das so gut wie Alliyah D. und Christine Kruse, die beide in der Selbsthilfegruppe "Jung, Kontakt, Krebs" (Jukk) organisiert sind und mit Mitte beziehungsweise Ende 20 erkrankten. Kruse erzählt: "Es geht los mit Ängsten, Schock, Panik." Alliyah ergänzt, wie sie plötzlich "aus dem normalen Leben herausgerissen" worden sei.
Bayerische Krebsgesellschaft klärt in München über Krankheit auf
Was folgt, ist ein Kampf gegen die Überforderung – der Krebs belagert nicht nur den Körper, sondern auch die Psyche. Die jüngsten Zahlen aus 2023 zeigen, dass jährlich etwa 76.000 Menschen in Bayern diesen Kampf aufnehmen müssen. Dabei will die Bayerische Krebsgesellschaft (BKG) unterstützen – diese feiert am Sonntag ihren 100. Geburtstag. Und tourt seit vergangener Woche durch ganz Bayern, um über die Krankheit aufzuklären. An diesem Mittwoch und Donnerstag auch in München.
Seit 1925 hat sich im Umgang mit Krebs einiges getan. "Immer mehr Menschen überleben ihre Krebserkrankung langfristig", sagt die Ärztin Anke Pregler. In den 40er-Jahren entwickelte sich die Chemotherapie, 1970 eröffnete in München die erste Psychosoziale Krebsberatungsstelle und seit 2020 werden diese sogar von den Gesetzlichen Krankenkassen // gefördert.
Ehemalige Krebskranke: "Ich habe gemerkt, dass ich in diesem Zustand nicht arbeiten kann"
Aber auch engmaschig gespannte soziale Netze können nicht jeden zur Genüge auffangen: 40 bis 50 Prozent der Neuerkrankten brauchen laut Geschäftsführer Markus Besseler externe Hilfe. "Es geht um praktische Hilfe im Alltag, etwa bei finanziellen Schwierigkeiten oder bei der Rückkehr ins Berufsleben", sagt er.
Die gestaltet sich nicht immer so einfach, wie Alliyah über ihre Zeit nach dem Krankenhausaufenthalt berichtet: "Ich habe gemerkt, dass ich in diesem Zustand nicht arbeiten kann." Seit April ist sie dank psychologischer Unterstützung wieder berufstätig.
Neben den Betroffenen sind oft auch die Angehörigen überfordert. Im schlimmsten Fall verlässt der Mann oder die Frau den oder die Erkrankte.
Besseler sagt der AZ: "Vermeiden kann man das nicht, aber man kann helfen und unterstützen. In unsere Beratungsstellen können die Paare gemeinsam kommen, um die Umstellungen und Belastungen gemeinsam zu besprechen."
Das sei gerade deshalb wichtig, weil sich Angehörige oft nicht trauen, die eigene Überforderung zu thematisieren. Die Beratungsangebote sind kostenlos und werden vor Ort, telefonisch sowie digital angeboten.
Krebskranke helfen sich gegenseitig in Selbsthilfegruppen
Mit "NachsorgePlus" bietet die BKG Hilfe an, die sich explizit an die rund fünf Millionen Langzeitüberlebenden in Deutschland richtet, die etwa Angst vor einem Rückfall haben oder noch immer im Alltag beeinträchtigt sind. Ärztin Pregler berichtet von Frustration bei den Patienten, die sich auch Jahre nach der überstandenen Erkrankung noch immer nicht wieder wie früher fühlen.
Beim Umgang mit Krebs helfen auch die von der BKG geförderten Selbsthilfegruppen, von denen es in München mehrere gibt, wie etwa Jukk. Die haben sich auf junge Erwachsene spezialisiert, die mit ganz eigenen Problemen durch die Erkrankung zu kämpfen haben: Studienabbruch, Kinderwunsch, Berufseinstieg.
Krebsdiagnose: Empathieloses Verhalten der Ärzte
Kruse und Alliyah berichten jedoch beide, dass sie die Angebote auf eigene Faust finden mussten. Kruse sagt: "Man muss für eine psychologische Beratung schon ein bisschen kämpfen." Sie wünscht sich für die Zukunft, dass Patienten damit nicht allein gelassen werden. Die BKG will dafür sorgen, dass derlei Informationen so früh wie möglich die Betroffenen erreichen.

Vom ärztlichen Fachpersonal wünscht sich Kruse zum einen, dass sich mehr Zeit genommen wird: "In dem Gespräch, als ich meine Diagnose bekommen habe, ist der Arzt dreimal rausgerannt." Zum anderen brauche es mehr ermutigende Worte: "Die können manchmal heilender als jegliche Therapie sein."
Sechs Tipps zur Krebsvorsorge
- Regelmäßige Bewegung: Studien zeigen, dass mit Sport das Risiko erheblich minimiert wird.
- Gesunde Ernährung: Auch der Verzehr von viel Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten senkt die Gefahr der Erkrankung.
- Kein Tabak: Rauchen ist die Hauptursache für Lungenkrebs.
- Wenig Alkohol: Übermäßiger Alkoholkonsum erhöht das Krebsrisiko. Nicht mehr als ein kleines Getränk für Frauen, nicht mehr als zwei kleine für Männer am Tag.
- Sonnenschutz: Creme nutzen und schützende Kleidung tragen, gerade bei heller Haut.
- Impfungen: Humane Papillomviren (HPV) verursachen etwa Gebärmutterhals- oder Analkrebs. Mädchen und Jungen sollten im Alter von neun bis 14 Jahren geimpft werden.
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