Wo die wilden Rocker wohnen

In dieser AZ-Serie stellen wir Kneipen vor, in denen die Musik von der Band auf der Bühne kommt. Heute: Das Schwabinger „Podium“
von  Laura Kaufmann
Die Gäste sitzen am Tisch, lehnen an der Bar...
Die Gäste sitzen am Tisch, lehnen an der Bar... © Sigi Müller

Manchmal richtet ein junger Gast schöne Grüße vom Papa aus. So etwas passiert, wenn man so lange hinter dem Tresen steht wie Renate Vogel, und sie freut sich drüber. Ihr eigener Sohn, der Michi, betreibt das Podium mittlerweile mit ihr und ihrem Mann Fredl, ein richtiger Familienbetrieb. Eine L-förmige, rot gestrichene Kneipe mit lang gezogener Bar ist das Podium, im Eck die Bühne, auf der montags gejazzt wird und sonst meist gerockt, mit Coverbands, die die Leute zum Singen und Tanzen bringen, auch mal auf den Tischen.

Bandposter und -bilder hängen an der Wand und noch eine Collage vom 20sten Jubiläum, überschrieben mit: „20 Jahre – und wir haben immer noch nicht genug!“ Seit beinah 40 Jahren gibt es die Schwabinger Institution für Live-Musik jetzt, die Familie Vogel schmeißt sie seit 36Jahren – „Und seit ’88 gehört’s meinem Mann auch“, sagt Renate Vogel mit ihrer rauchigen Stimme. „Als wir angefangen haben, da gab es noch 17 Live-Musik-Lokale in Schwabing, da hat sich noch richtig was gerührt.“

Das waren die Zeiten, in denen sich das Leben in Schwabing abspielte, und die Nachtschwärmer abends von Lokal zu Lokal zogen, aus jeder Tür eine andere Musik dröhnte. „Heute bleibt jeder in seinem Viertel“, sagt Vogel. Und die Nachbarn, die sind ein Problem. Auch das Podium hatte einen, wegen dem die Vogels ihre Kneipe fast hätten zusperren müssen. Ein riesiges Benefizkonzert all der Bands, die an ihrem Podium hingen, hat das nötige Kleingeld für die Schallschutznachbesserungen eingebracht.

Und vielleicht hat auch der Indianer geholfen. „Den hat der Wolfgang Fierek mal angeschleppt, und der hat hier dann ein indianisches Friedenslied gesungen – da hast hier eine Stecknadel fallen hören können“, sagt Vogel. Eine Stecknadel würde jetzt gerade niemand fallen hören. „Spoon“ stehen auf der Bühne, sie sind Stammspieler des Hauses wie „The Public“, „Midlife Crisis“ oder die „Trouble Boys“, – „You don’t know what it’s like, to love somebody, the way i love you“, rocken sie, vor der Bühne hält sich ein Paar fest und singt sich zärtlich an, um sie herum tanzen ausgelassen die Gäste, wer mit seinem Bier in der Hand an der Bar lehnt, nickt zumindest mit (0,4Liter Helles: 3,60, Weißbier: 3,80 ).

Viele davon sind Stammgäste, viele kommen schon lang her und haben sich über die Jahre ihre Rockerseele bewahrt. Früher, sagt Renate Vogel, sind die Bands oft noch am Tresen versackt, aber auch deren Trinkverhalten hat sich geändert. Die meisten haben Tagjobs, können vom Spielen nicht leben. Früher waren die Zeiten vielleicht wilder – „aber wir sind noch genauso gut drauf“, sagt die Wirtin. 


Wagnerstraße 1, Eintritt Mo. frei, sonst 5 – 7 Euro, So. bis Do. 20 – 1 Uhr, Fr./Sa. 20 – 3 Uhr, www.schwabinger-podium.com, Tel.: 39 94 82

 

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