Erst mal reden: So tickt die erste Frauen-Fahrschule

Premiere in München: Bei Nina Kandlbinder (30) in Neuhausen lernen Frauen stressfrei das Einparken, das Tanken oder die Ölstandskontrolle – wenn’s sein muss, wird erst mal nur gequatscht
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Fahren lernen von Frau zu Frau: Nina Kandlbinder bringt Münchnerinnen hinters Steuer.
Vanessa Assmann Fahren lernen von Frau zu Frau: Nina Kandlbinder bringt Münchnerinnen hinters Steuer.

Premiere in München: Bei Nina Kandlbinder (30) in Neuhausen lernen Frauen stressfrei das Einparken, das Tanken oder die Ölstandskontrolle – wenn’s sein muss, wird erst mal nur gequatscht

MÜNCHEN Es ist eines der beständigsten Vorurteile: Frau am Steuer – Ungeheuer! Dabei belegt die Unfallstatistik das Gegenteil: Laut ADAC gehen fast zwei Drittel aller Unfälle auf das Konto von Männern. Das weiß man auch bei der ersten Münchner Frauenfahrschule „Pro Frau“ in Neuhausen. Sie wurde vor kurzem in der Heideckstraße 20 eröffnet, mit Wänden in lila und einer gemütlichen Sitzecke. Die Idee für die Frauenfahrschule hatte Fahrlehrerin Nina Kandlbinder (30). Im AZ-Interview spricht sie über Vorurteile, typische Frauensorgen und ihre eigene Fahrausbildung.

AZ: Frau Kandlbinder, haben Ihre Fahrschulautos Extra-Stoßstangen?

NINA KANDLBINDER: Nein und wir haben auch keinen Extra-Kosmetikspiegel. Ich wurde sogar schon gefragt, ob unser Fahrschulauto von Reifen eingefasst ist. Natürlich nicht! Wir fahren einen ganz normalen 1er BMW.

Wie reagieren die anderen Verkehrsteilnehmer auf das Auto mit dem Schriftzug ‚Frauenfahrschule’?

Alle schauen neugierig zu uns herüber, viele winken freundlich. Wenn wir neben einer Tram fahren, kommt es schon mal vor, dass der Fahrer klingelt. Ich sehe die Vorurteile über Frauen am Steuer mit Augenzwinkern. Aus Erfahrung weiß ich aber: Was einer Frau passiert, kann auch einem Mann passieren.

Warum brauchen Frauen eine eigene Fahrschule?

Frauen sind oft ängstlich und fühlen sich bei einer Lehrerin wohler. Männer treten forscher auf. Das liegt an der Vorerfahrung: Viele Frauen interessieren sich nicht so fürs Auto. Das berücksichtigen wir bei der Ausbildung. Manchmal dauert’s länger. Unser Ziel ist es, dass Frauen entspannt fahren können. Am Ende hält bei uns niemand mehr verkrampft das Lenkrad fest.

Warum sind so viele Frauen verunsichert?

Schuld sind die vielen Vorurteile und blöden Sprüche. Das habe ich erst heute wieder erlebt: Ich wollte mit einer Fahrschülerin Einparken üben. Bevor es losging, war sie ganz unruhig. Ihr Vater hatte ihr erzählt, wie schwierig Einparken ist und dass sie das nicht schaffen würde. Ich konnte sie beruhigen und auf einmal war die Parklücke gar nicht mehr so beängstigend.

Welche Tricks gibt’s gegen solche Ängste?

Man darf keinen Druck aufbauen. Die Fahrschülerin gibt das Tempo vor. Es kommt vor, dass Fahrschülerinnen ins Auto steigen und dann erst einmal zehn Minuten über ihren Job oder ein privates Problem sprechen, ehe wir losfahren. Manche bringen ihre eigene Musik mit, die wir dann leise anhören. Und es sind praktische Dinge.

Zum Beispiel?

Den Ölstand prüfen, Lichter kontrollieren und Tanken. Je besser eine Frau ihr Auto kennt, desto sicherer fühlt sie sich. Wir bieten außerdem Auffrischungskurse für Führerscheininhaberinnen an.

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre eigene Fahrausbildung?

Ich hatte einen furchtbaren Fahrlehrer. Er hat viel rumgeschrien, war ständig unpünktlich und hat mir oft ohne Vorwarnung ins Lenkrad gegriffen. Das Schlimmste war: Viele Sachen haben wir nicht gut oder gar nicht geübt. Die Prüfung habe ich beim ersten Mal bestanden, aber danach habe ich noch viele Stunden gemeinsam mit einer Freundin geübt.

Holen sich Ihre Schülerinnen nach bestandener Prüfung noch Tipps bei Ihnen?

Das kommt vor. Eine ehemalige Schülerin rief mich mal an, als in ihrem neuen Auto eine Kontrolllampe leuchtete. Ich hab’ ihr dann die Nummer vom ADAC gegeben. Interview:

Vanessa Assmann

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