Entspannung abgesagt: Die Immobilien-Preise steigen stark
München - Fünf gradaus, stimmt so – das können Wohnungskäufer in München jetzt schon so sagen, zumindest im Schnitt. Da kostet der Quadratmeter Eigentumswohnung im Bestand nämlich jetzt 5000 Euro. Im Neubau schaut’s natürlich noch ganz anders aus: 6700 Euro werden hier im Schnitt fällig.
Sie merken schon, er ist wieder da: der Preisanstieg. Sollte der nicht langsam abebben? War da was? Die AZ über einen Trend, der sich doch nicht gewendet hat.
Es gibt doch keine Seitwärtsbewegung in München
Der Anstieg verlangsamt sich, die Werte wachsen nicht mehr so stark, die Preiskurve bewegt sich seitwärts – all das war mal. Und zwar im Frühjahr. Da schien es wirklich so, als würden die Immobilienpreise in München ein Plateau erreichen, als wäre es einfach mal genug. Die Statistik legte das nahe, die Anstiege waren eher moderat.
Eine Delle war das wohl. Denn der Trend nach oben ist nicht gebrochen, im Gegenteil. Die Preise steigen wieder, und zwar kräftig. „Wir haben jetzt wieder große Pluszeichen bei den Preisen“, sagt Stephan Kippes vom Marktforschungsinstitut IVD Süd. „Die Seitwärtsbewegung, die einige vorhergesagt hatten, kommt in absehbarer Zeit doch nicht.“
Das heißt, die Preise bleiben doch nicht mal eine Zeit lang konstant, sondern sie steigen weiter. Und das jetzt wieder deutlicher.
Die neuen Durchschnittspreise in der Übersicht:
- Baugrund: für Einfamilienhäuser 1700 Euro/m², für Geschossbau 2220 Euro/m²
- Eigentumswohnungen: im Bestand 5000 Euro/m², im Neubau 6700 Euro/m².
- Freistehende Einfamilienhäuser: im Bestand mit gutem Wohnwert 1 230 000 Euro pro Objekt.
- Reihenmittelhäuser: im Bestand 710 000 Euro pro Objekt, im Neubau 790 000 Euro.
- Doppelhaushälften: im Bestand 910 000 Euro pro Objekt, im Neubau 1 020 000 Euro.
Um wie viel Prozent die Preise jeweils gestiegen sind, sehen Sie in dieser Tabelle:
Die Preise hängen natürlich nicht nur vom Objekt, sondern auch von der Lage ab. Der IVD hat die Münchner Viertel wieder in einfache bis sehr gute Lagen eingewertet. Welche Bewertung Ihr Viertel hat und welche Durchschnittspreise sich dann mit dem Zustand des Objekts ergeben, lesen Sie in dieser Tabelle:
Die Experten üben Kritik an der Stadt
München wächst, es wird weiter wachsen – und das wohl stärker als bisher angenommen: „Der massive Zuzug von Flüchtlingen wird die Einwohnerzahlen noch wesentlich erhöhen“, sagt Stephan Kippes. Die Vorhersage des Statistischen Landesamts, dass die Bevölkerung in München und Umland bis 2032 um 13,4 Prozent steigen werde, sei noch vor Einsetzen des großen Flüchtlingsstroms errechnet worden und aller Voraussicht nach zu niedrig angesetzt. „Umso problematischer wird, dass wir zu wenige Wohnungen bauen.“
Deshalb fordert Kippes, Wohnungsbau auch in Kerngebieten zu prüfen und mehr Nachverdichtung zuzulassen. Außerdem dürfe die Stadt jetzt nicht knickrig sein: „Die derzeitige Sparpolitik der Stadt ist hier nicht förderlich.“ Es brauche Geld für „wichtige infrastrukturelle Maßnahmen“.
Außerdem wünscht sich der IVD, dass mehr Gewerbe- in Wohnflächen umgewandelt werden. Denn Privatgrundbesitzer würden wegen geringer Renditen ihre Grundstücke derzeit nicht verkaufen, die Flächen ehemaliger Kasernen seien größtenteils schon aufgebraucht. Es müssten also dringend weitere Neubauwohnflächen ausgewiesen werden, sagt Stephan Kippes.
Umsatz-Rekord trotz wenig Angebot
Dass trotz enormer Preise in der Branche genug Geld da ist, zeigt ein Blick auf deren Umsatz: Rund zwölf Milliarden Euro waren es im dritten Quartal 2015 in der Immobilienwirtschaft in Bayern. Das sind 26 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum ein Jahr zuvor.
Im laufenden Jahr erreichen die Immo-Deals im Freistaat ein Rekordvolumen von 44 Milliarden Euro Umsatz, schätzt IVD-Experte Kippes – nach 40,7 Milliarden Euro im Jahr 2014 wieder ein neuer Rekordwert.
Und das, obwohl das Angebot gering sei. „Der Markt hätte noch viel mehr hergegeben, wenn es nur genügend Objekte gegeben hätte“, sagt Kippes. Ein wichtiger Grund dafür sei nach wie vor die günstigen Bedingungen für Finanzierungen, sagt Claus Kiermaier von Orca Immobilien: „Es kaufen derzeit auch Leute, die früher einfach keine Immobilie hätten kaufen können.“ Das liege aber nicht an einer größeren Risikobereitschaft der Geldinstitute bei Krediten, sondern daran, dass die Zinsen nach wie vor historisch niedrig seien.
Wohnen in München: Der Wahnsinn zieht einfach weiter
In Augsburg ziehen die Preise für Baugrund gewaltig an: 10,4 Prozent mehr steigen jene für Mehrfamilienhäuser, die für Einfamilienhäuser sogar knapp elf Prozent. Eigentumswohnungen im Bestand sind hier 9,1 Prozent teurer als noch vor einem halben Jahr.
Ebenso auffällig: Ingolstadt. Hier gibt es die stärksten Anstiege bei Häusern zum Kauf, vor allem bei Einfamilienhäusern (10,4 Prozent), Bestands-Reihenmittelhäusern (9,7 Prozent) und Neubau-Doppelhaushälften (11,8 Prozent).
Beide Städte sind klar im Sog der Münchner Preise. Sie sind von der Landeshauptstadt aus gut erreichbar, profitieren von der wirtschaftlichen Stärke der Region und haben einen Vorteil gegenüber München: Da geht noch was.
So sagt Günther Gültling, Vorstand des IVD: „Bauträger aus München weichen auf diese Städte aus, weil es in München halt fast nichts mehr gibt.“ Claus Kiermaier von Orca Immobilien ergänzt: „Und auch die Kapitalanleger gehen dorthin, weil sie dort für ihr Geld noch wesentlich mehr einkaufen können und noch mehr Aussicht auf eine größere Aufwertung haben.“
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