Eltern-Kurs: Das Lernen lernen
Wie im zweiten Schul-Halbjahr alles noch einmal besser wird. Für die AZ hat Kinderpsychologe Günther Hanel die wichtigsten Tipps für Eltern und Schüler zusammengestellt.
Jens ist ein aufgeweckter Bub. Manchmal etwas frech, ab und zu verbockt, immer wieder zu laut – aber wer sich intensiver mit Jens beschäftigt, merkt recht bald: Der Bursche hat was drauf. Er denkt flink und klug, er hat das Herz am rechten Fleck, er sucht Herausforderungen, er will etwas beweisen. Jens, das wird schnell klar, ist kein Doofie.
Aber wenn sich nicht bald etwas ändert, wird Jens in der ersten Klasse eines bayerischen Gymnasiums sein erstes größeres persönliches Debakel erleben: Er wird sitzen bleiben. So dräut es nämlich nach dem Erhalt des Halbjahreszeugnisses. Die Versetzung sei gefährdet, heißt es dort. Und nach einem Zusammentreffen der Klassleiterin und der Eltern ist die allgemeine Verunsicherung groß. Man ist sich einig, dass Jens aufs Gymnasium gehört, doch er bringt die Leistungen nicht.
Es ist an der Zeit, die Dinge nüchtern zu betrachten. Da ist eine Lehrerin, die ratlos mit ansieht, dass ein aufgeweckter Bub sich nicht einbringt. Da sind Eltern, die ihrem Kind das Beste wünschen und hilflos mit ansehen müssen, wie es an einfachen Aufgaben scheitert. Und – das ist das Wichtigste – da ist ein Kind, das das Beste will und immer wieder scheitert.
Der Diplompsychologe Günther Hanel ist Vater von drei Kindern, der älteste Sohn hat die Zehn überschritten. „Wenn ein Kind wissen soll, wie Lernen geht, muss es das in dem Alter können. Und wenn Eltern sich ums Lernen des Kindes Sorgen machen, ist es zu spät.“
Der Münchner sitzt im Büro des Kinderhauses München, gestikuliert lebhaft und verströmt die Aura eines Mannes, der mit beiden Beinen gern im Leben steht. Er ist einer, der Kinder ernst nimmt. Sie wollen geführt und dann los gelassen werden. Das möchte er ihnen geben. „Nehmen Sie Ihre Kinder ernst.“, sagt Hanel. „Sie brauchen das und wollen das.“
Hanel hat viele Mädchen und Buben kennen gelernt, an denen ihre Erzeuger verzweifelten. „Oft liegt das Problem bei den Eltern, oft haben wir auch damit zu tun, dass die Kinder nie gelernt haben, wie Lernen geht. Wenn die Situation einmal dermaßen verfahren ist, ist es angeraten, Hilfe von außen zu holen. Jemand, der nicht emotional angeschlagen ist wie eine Mutter oder ein Vater, wird dem Kind besser helfen können.“
Für die AZ und Jens’ Eltern hat Günther Hanel die wichtigsten Tipps für eine effektive Lernhilfe zusammen gefasst.
Haben Sie Vertrauen
Ängste der Eltern übertragen sich auf die Kinder. Haben Sie Vertrauen. So vermitteln Sie Selbstvertrauen. Beobachten Sie Ihr Kind und sagen Sie ihm, wann es etwas Gutes getan hat. Mischen Sie sich ein, wenn es Erfolg hat und nicht, wenn etwas schief gegangen ist. Zählen Sie nicht die Fehler sondern sagen: „Toll, du hast den ganzen Text geschrieben.“
Lernen bedarf bestimmter Regeln
Richten Sie dem Kind einen Arbeitsplatz ein. Dort – und nur dort – werden die Hausaufgaben erledigt. Legen Sie zusammen mit dem Kind eine Strategie des Lernens fest. Wann werden die Hausaufgaben gemacht, wie oft entspannt es sich bei einer kurzen Pause? Der Tipp von Günther Hanel: „Wenn ein Zehnjähriger eine halbe Stunde lang konzentriert seine Dinge erledigt, ist das schon eine starke Leistung.“
Die Ausdauer bündeln
Achten Sie darauf, wie man am besten beim Kind die Aufmerksamkeit, die Wahrnehmung und die Ausdauer bündelt. Bringen Sie ihm bei, wie es ein Hausaufgabenheft führt und sich nicht verzettelt.
Keine Ablenklungen
Und machen Sie ihm klar, dass das Lernen ein wichtiger Vorgang ist. Kein Computer, keine Musik, keine Nebengeräusche. Wenn all das Erfolg bringt, wird das Kind auch gerne lernen.
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