Eiszeit am Markt: Geht der Fasching baden?
Nach dem Weggang der Kommunalreferentin haben Händler und Verwaltung offenbar ein Kommunikationsproblem. Graeter kennt den kruden Briefverkehr und erklärt hier seine Sicht der Dinge
Wir sind nicht in Prodlbosching, sondern in München – und hier im Kommunalreferat wiehert der Amtsschimmel wie lange nicht mehr. Es geht wieder mal um den Viktualienmarkt. Seit Referentin Gabriele Friderich und Markt-Oberaufseher Rainer Hechinger ihre Posten geräumt haben, scheint die versprochene Eintracht zwischen Obsthändlern und Obrigkeit die Isar hinunter geschwommen zu sein: In Behörden-Briefen, die der AZ vorliegen, wird der Ton rauer. Das Organisationstalent der Interims-Leitung des Kommunalreferats steht in der Kritik.
Sechs Wochen vor dem Faschingsdienstag, wo der Markt mit den tanzenden Standlweibern im Weltmittelpunkt steht, ist über das diesjährige Tuten und Blasen noch nichts festgelegt worden. Wie läuft alles, wer zahlt alles? Das von Interims-Chef Axel Markwardt angekündigte gemeinsame Handeln von Behörde und Händlern ist bisher ausgeblieben. „Ich sehe es für dringend notwendig an, die Planung des Faschingsdienstags rechtzeitig und im engen Schulterschluss zu beginnen“, hatte Markwardt im August letzten Jahres erklärt.
Verwaltungsleiter überarbeitet, Markthallen-Chef fehlt
Nichts passierte, kein Wort über den Fasching wurde laut. Jetzt, nach viermonatiger Betriebsstille, meldete sich ein Kollege. Verwaltungsleiter Gerhard Harter klagte in einem Amtsschreiben nach Weihnachten über Arbeitsüberlastung. Deshalb: „Monatlichen Treffen mit Vertretern des Marktes können wir nicht nachkommen.“ Wichtige Posten werden offenbar im Schneckentempo neu besetzt. Kommunalreferentin Friderich ist schon vor einem knappen halben Jahr in den Bremer Senat gewechselt. Um die Nachfolge – der Grüne Boris Schwartz hat sich beworben – wird noch gerungen.
Auch der Job des Markthallen-Chefs, den Hechinger im Dezember überraschend verlassen hat, ist noch unbesetzt. Dem geplagten Ersatz-Mann Harter geht es nun offenbar um ein neues Management des Marktes, das in der Behörde allein nicht mehr zu händeln sei. So sollten nach seinem Wunsch die Aufgaben verteilt werden und Treffen mit der IGV, der Interessenvertretung der Viktualienmarkthändler, die seit drei Jahrzehnten operiert, „in naher Zukunft nicht stattfinden“.
Im Brief über „Intensivierung der Kommunikation“, der genau das Gegenteil bewirkt, kann man das schönste Amtsdeutsch aller Zeiten lesen. Wörtlich: „Bei der nächsten allgemeinen Händlerversammlung wird angeregt, dass alle Händler einer Abteilung eine Abteilungs-Händler-Sprecherin bzw. einen Abteilungs-Händlersprecher wählen. Mit diesen Vertreterinnen und Vertretern können dann von den jeweiligen Abteilungen zwei- bis dreimal im Jahr weitere Treffen organisiert werden.“
Neuer Behördenstil überrascht
Aha. Auf sechs Markt-Bereiche will Verwaltungsleiter Harter die Pflichten und Arbeit verteilen: Für Blumenmarkt, Bauernmarkt, Geschenkstandl, die Metzger-Zeile und den Biergarten soll ein Sprecher gewählt werden. Ein Markt voller Sprecher, toll. Bislang genügte den rund 100 Händlern der IGV die gewählte Marktsprecherin Elke Fett, die in diesem Monat von OB Christian Ude zu einer Audienz gebeten wird. Die quirlige Dame ist vom neuen Behördenstil überrascht. „Wir hatten sehr freundlich wegen der künftigen Zusammenarbeit geschrieben und bekamen genau das Gegenteil von dem serviert, was uns versprochen wurde“, sagt die Duftstandl-Inhaberin, der man anmerkt, wie sehr sie den Viktualienmarkt liebt und alles dafür tut, um die Delikatessen-Insel noch begehrlicher zu machen.
Die ganzen Vorschläge der IGV stünden still, sagt sie. „Wir wollen die Durchgänge des Marktes selbst herrichten, Bänke zum Rasten aufstellen, auf dem Maibaum das längst erforderliche Schild ,Viktualienmarkt’ anbringen und dies notfalls aus unserem Werbetopf finanzieren. Aber es geht nicht weiter. Über die Sanierung des Marktes werden wir wohl von heute auf morgen informiert.“
Zeit hat die derzeitige Kommunalreferats-Vertretung für die Vergabe für Münchner Straßenbezeichnungen, mit denen man namhafte verstorbene Einwohner ehren will. Von Bernd Eichinger ist im Moment die Rede. Medien-Mogul Leo Kirch oder die großen Filmproduzenten, „Golden Globe“-Gewinner Luggi Waldleitner (Lili Marleen, Das Mädchen Rosemarie) und Horst Wendlandt (Bud Spencer und Terence Hill, Otto, Winnetou, Klaus Kinski) müssten längst schon mit einem Straßenschild verewigt werden.
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