Eine Münchner Messe als Exportschlager

Die „Bauma“, die flächenmäßig größte Messe der Welt, ist ein Exportschlager. Sie zeigt Superkräne und LKW-Monster auch in Schanghai – die AZ war da.
Versonnen schaut der weißhaarige Herr das Monster an. „So einen haben wir auch“, sagt Willi Liebherr. „55 davon haben wir letztes Jahr verkauft.“ 400 Tonnen Zuladung, 3500 PS, dreieinhalb Meter hohe Reifen. Zwischen 3,5 und fünf Millionen Dollar kostet das Ungetüm, sagt Liebherr: „Aber der hier ist bestimmt billiger.“
Auch die chinesische Firma XCMG hat also jetzt einen dieser Riesenlaster im Programm. Das ist eine Erkenntnis, die Liebherr aus Schanghai mit nach Hause nimmt. Die wenigsten kennen Willi Liebherr, aber seinen Namen hat jeder schon einmal gelesen, der an einer deutschen Großbaustelle vorbeigefahren ist.
Baumaschinen-Hersteller Liebherr mag sich nicht beklagen. „Gut“ sagt er auf die Frage, wie die Geschäfte denn laufen für die deutschen Mittelständler im Reich der Mitte. „Sehr gut“. Und die Kopien, der geistige Diebstahl? „Damit muss man leben.“ Und damit kann er offensichtlich leben.Genauso wie die anderen 171 deutschen Aussteller auf der „Bauma China“.
Wem der Name bekannt vorkommt, der liegt richtig. Die Bauma China ist ein Münchner Original, wenn man so will. Und die Bauma ist ein gigantischer Exportschlager. Zum fünften Mal stieg die Baumaschinen-Messe heuer in Schanghai. „So groß wie nie“, sagt Eugen Egetenmeir. Er ist einer der Geschäftsführer der Messe München, und er war von Anfang an dabei, als vor zehn Jahren die Erfolgs-Geschichte der Bauma China begann.
„2002 hatten wir 40000 Quadratmeter Fläche“ sagt Egetenmeir, „in diesem Jahr haben wir auf 360000 Quadratmeter das gesamte Gelände gefüllt“. 2718 Aussteller sind heuer gekommen, mehr als 300 aus China, die Deutschen sind die Nummer zwei, gefolgt von Italienern und Amerikanern. Das Interesse ist enorm: mehr als 180000 Besucher waren da, aus Russland und aus Korea, aus Malaysia und aus Japan, aus der Türkei und natürlich vor allem aus China selbst.
Dass die Messe zu einem Magnet wurde, liegt zum Gutteil am Know-How aus München. Alle drei Jahre steigt auf dem Münchner Messegelände die Schau der Superlative, Riesenbagger, Riesenkräne überragen die Silhouette, die Bauma ist die flächenmäßig größte der Welt, die Hotelpreise sind höher als zur Wiesnzeit. Nächsten April ist es wieder soweit. Eine solche Rekordschau will organisiert sein.
Vom Layout der Messehallen bis zur Zahl der Eingänge und der Beschaffenheit der Hallenböden reichen die Details, die ein Veranstalter bedenken muss. Und die Messe München verkauft dieses Wissen weiter. Nicht von ungefähr erinnern die nagelneuen Messehallen des Geländes in Schanghai an die Hallen der neuen Messe München. „Wir haben ein 50:50 Joint Venture mit den Chinesen“, sagt Klaus Dittrich. Zur Eröffnung der Bauma China ist der Chef der Münchner Messe selbst nach Schanghai geflogen: Am neuen Messegelände der 16-Millionen-Metropole sind die Münchner mit 17 Prozent beteiligt.
„Elf Millionen haben wir in die Gebäude investiert, sagt Dittrich: „Und 2014 haben wir das Geld wieder raus.“ Dittrich ist das wichtig, denn es fragen sich schon einige, was eine Münchner Messegesellschaft in China zu suchen hat. Der Freistaat und die Stadt München sind zu gleichen Teilen Anteilseigner an der Gesellschaft, und da habe es schon „Überzeugungsarbeit bedurft“, allen Beteiligten den Sinn des Engagements zu erklären.
„Mit unseren Auslandsbeteiligungen verdienen wir Geld, das auch München zugute kommt“, sagt Dittrich: Allein die Bauma China bringt der Messe München einen Umsatz von 30 Millionen: „Mit den Gewinnen können wir auch am Standort München investieren.“ Schließlich wolle die Messe zwei weitere Hallen bauen. „Wir haben auch ein strategisches Ziel“ sagt Dittrich: „Die Bauma ist Nummer 1, und das soll sie bleiben“.
Deshalb ragen die Monsterkräne nicht nur in den Smog-Himmel über Schanghai. Im kommenden Jahr wird es eine Bauma Africa in Johannesburg geben. „Wir wollen 200 Aussteller, 100 haben wir schon“, sagt Dittrich. Eine Bauma in Indien gibt es schon, die Planungen für eine Schau in der Türkei stehen kurz vor dem Abschluss.
Der Weg nach draußen ist aber nicht ohne Risiko. Gerade im Superboom-Land China gab es zuletzt eine Delle – Wachstumsraten unter zehn Prozent sind hier ein Krisensymptom. Deshalb waren Manager wie Dennis Kemann aus Schrobenhausen erleichtert, als sie ihren riesigen Betonmischer vom Stand weg verkaufen konnten: „Ja, Made in Germany zieht noch“ sagt der General Manager von BHS Sonthofen, „Aber es braucht schon einen eingeführten Namen“. Sonst komme man leicht unter die Räder.
Die Konkurrenz ist riesig auf einem Super-Markt wie China, und kaum ein Besucher versäumt, technische Details aller Maschinen auf dem Smartphone festzuhalten. „Natürlich ist geistiger Diebstahl ein Problem“, das sagen fast alle deutschen Aussteller: Aber nicht dabei zu sein, das geht gar nicht. „Und wissen Sie“ sagt Willi Liebherr vor dem Monstertruck zur AZ: „Zusammengebaut ist schnell was.“ Aber beim Service, da sind wir besser“. Könnte Messe-Chef Dittrich auch sagen.