Ein wichtiges Urteil

Der AZ-Gerichtsreporter John Schneider über das Urteil im Demjanjuk-Prozess.
John Schneider |
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Einige empfanden den Prozess gegen John Demjanjuk angesichts dessen hohen Alters als Farce. Zu Unrecht. Die Anklage, die Verhandlung und auch das Urteil sind wichtig für Deutschland. Denn es geht dabei um viel mehr als um einen unbedeutenden ehemaligen KZ-Aufseher. Es geht um die Frage, ob Unmenschlichkeit gesühnt wird, oder nicht.

Es beginnt schon damit, dass der Prozess das Vernichtungslager Sobibor ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt hat. Der Ort in der Ukraine war allenfalls Opfern, Tätern und historisch Interessierten ein Begriff. Kaum jemand wusste, dass dort 250000 Menschen ermordet wurden. Der Demjanjuk-Prozess zerrte die menschenverachtende, fabrikmäßige Vernichtung der Juden in diesem KZ ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Für die Angehörigen der Opfer ganz wichtig: Sie bekamen noch einmal die Gelegenheit, an ihre Verwandten zu erinnern und ihr Leid vor aller Welt anzuprangern. Das Mitgefühl mit dem alten, kranken Mann im Anklage-Bett musste da zurückstehen.

Der Schuldspruch sendet ein wichtiges Signal aus: Es reicht aus, Teil des Mordsystems gewesen zu sein, um schuldig zu sein. Spät, sehr spät hat sich die deutsche Justiz daran gemacht, auch die kleinen Räder in der Vernichtungsmaschinerie anzuklagen. Es ist nie zu spät – das hat dieser Prozess bewiesen. Dass Demjanjuk trotz des Schuldspruchs das Gericht als freier Mann verließ, ändert an dieser Genugtuung nichts.

 

 

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