"Ein sensibler und schwieriger Markt": Kino Solln und das Theatiner in München bekommen neue Leitung
München - Was Münchens schönstes Kino ist? Darüber kann man streiten. Nicht aber darüber, dass die Theatiner Filmkunst ein unfassbar schönes Kino ist – seit 1957! Und seit diesem Jahr stand auch Marlies Kirchner für dieses historische Juwel. Jetzt hat sie das Theatiner an Claire Schleeger (27) und Bastian Hauser (38) übergeben, die beide schon seit Jahren dort mitarbeiten.
"Wenn man nur einen Saal hat und nicht ausweichen kann, muss das Programm wirklich konzentriert funktionieren", sagt Hauser: "Aber wir haben viele Stammgäste, die das Kino lieben – und wissen: Nicht jeder Film muss einem super gefallen, aber hier läuft ein genau ausgewähltes, schönes Programm."
Theatiner-Kino in München bekommt neue Leitung: "Ein Spiegel der Stadtgesellschaft"
Ein Markenzeichen des Theatiner ist, dass die Filme alle in der Originalsprache mit deutschen Untertiteln gezeigt werden. "Dadurch haben sich um unser Kino Communites gebildet, weil diese Sprachen dann auch im Foyer gesprochen werden", sagt Clair Schleeger: "Wenn wir einen japanischen Film haben, kommen auch Japaner und die, die diese Sprache verstehen, zu uns. So ist unser Kino ein Spiegel der Münchner Stadtgesellschaft, weil es hier ja auch jede Nation gibt."
Auf Stammpublikum kann man sich natürlich nicht ausruhen in komplizierten Kinozeiten. "Wir sind deshalb auch viele interessante Kooperationen eingegangen – mit den Kulturinstituten, mit der Pinakothek der Moderne sogar mit der Staatsoper und natürlich der benachbarten Kunsthalle: Das alles bringt auch neues Publikum zu uns. Und die Schönheit des Kinos bindet dann wiederum viele an uns."
Hauser und Schleeger kommen beide selbst vom Studentenkino an der LMU, wo sie das Programm mitgestaltet hatten. "Uns fällt auf, dass man auch in unserem klassischen Kino gut Klassiker analog zeigen kann, was wunderbarerweise auch die Jüngeren interessiert", sagt Schleeger. Zentraler als das Theatiner in der Passage zwischen Theatiner- und Residenzstraße kann man als Kino in München gar nicht liegen.
"Etwas zu anonym betrieben": Thomas Wilhelm übernimmt das Kino Solln
Das Kino Solln wiederum ist ein Vorstadt Kino, wenn auch direkt am S-Bahnhof Solln und am traditionellen Wirtshaus Zum Hirschen angebaut. Seit Herbst betreibt Thomas Wilhelm das Sollner Kino. Wieder – könnte man sagen, da das Filmtheater schon vor 30 Jahren einmal von der Familie Wilhelm betrieben wurde – damals noch eingebaut in den ehemaligen Tanzsaal des Wirtshauses "Zum Hirschen". Aber das Tonnengewölbe war baufällig geworden und hatte Asbest in den Mauern, so dass 1995 ein Neubau mit zwei Sälen entstanden war.
Betrieben wurde es von einer Firma aus Berlin, die auch die City Kinos bespielt. Jetzt ist mit Wilhelm wieder ein Münchner der Besitzer in der Sollner Straße am S-Bahnhof. "Das Kino hat eine gute Substanz, treues Publikum, aber war vielleicht etwas zu anonym betrieben worden. Man braucht Gespür", riskiert Wilhelm zu sagen und meint, es sei durchaus "ambitioniert", eine Übernahme im fliegenden Wechsel und bei laufendem Betrieb hinzubekommen.
"Kino ist als Gemeinschaftserlebnis eben etwas Besonderes"
"Aber ich glaube, dass ich – neben dem Rottmann Kino am Stiglmaierplatz – mit meinen Kinos Cincinnati, Rex in Laim und jetzt wieder dem Kino Solln den gesamten Süden Münchens gut bespielen kann", meint Wilhelm: "Und ich probiere gerade aus, welche Filme zu welchen Zeiten zu welchem Publikum passen. Denn Solln ist ein kleineres Einzuggebiet, das lockerer bebaut ist, wo oft Leute wohnen, die zu Hause große Bildschirme haben und sich fragen: Zu welchem Film gehe ich ins Kino?"

Der aktuelle Film, der gerade einen Siegeszug in Hollywood hat, "Anatomie eines Falls" mit Sandra Hüller ist für Wilhelm so ein Beispiel: außergewöhnlich und intelligent, aber nicht zu experimentell. "Ich denke schon, dass es von Vorteil ist, wenn man die Münchner und Sollner Gesellschaft kennt, wenn man ein Kino programmiert. Denn Kino ist ein sensibler und schwieriger Markt. Und in Solln fahren gerade Jüngere auch mit der nahen S-Bahn in die Stadt ins Kino." Schön sei es aber zu sehen, wenn sich Eltern mit Kindern im Kino treffen und viele sich im Foyer freudig begrüßen, weil man sich kennt.
"Da spürt man dann, dass Kino als Gemeinschaftserlebnis eben was Besonderes ist, was nur zu Hause eben nicht funktioniert." Wilhelm will, dass sich im Kino Solln die Sollnerinnen und Sollner wieder zu Hause fühlen – in "ihrem" Kino. Vielleicht klappt auch ein Leuchtkasten beim "Hirschen" wieder, wo sogar digitale Werbung für die gezeigten Filme laufen könnte.
Im Theatiner u.a. im Programm: "Perfect Days" von Wim Wenders, ab morgen zusätzlich "Becomig Giulia" über Giulia Tonnelli und Selbstverwirklichung im Ballett sowie das tunesische Familienportät "Four Daughters".
Das Kino Solln zeigt zur Zeit ebenfalls "Perfect Days" und heute noch Simon Verhoevens wunderbaren Unterhaltungsfilm "Girl You Know It's True". Ab morgen kommt dann Polanskis Satire "The Palace".