Ein sauteures Praktikum

Eine 23-Jährige reist für die Max-Planck-Gesellschaft in den Kongo, um Affen zu erforschen. Dabei verirrt sie sich und wird erst nach elf Tagen gerettet – jetzt soll sie 66121,55 Euro zahlen
von  Abendzeitung
Im Dienste der Wissenschaft: Ester Carlitz füttert im Kongo zwei Papageien. Jetzt soll sie über 60 000 Euro zahlen.
Im Dienste der Wissenschaft: Ester Carlitz füttert im Kongo zwei Papageien. Jetzt soll sie über 60 000 Euro zahlen. © dpa

MÜNCHEN/KONSTANZ - Eine 23-Jährige reist für die Max-Planck-Gesellschaft in den Kongo, um Affen zu erforschen. Dabei verirrt sie sich und wird erst nach elf Tagen gerettet – jetzt soll sie 66121,55 Euro zahlen

Ester Carlitz hatte geschafft, wovon viele Biologiestudenten bloß träumen: In den Urwald im Kongo reisen, um dort Affen studieren zu können. Im Mai 2008 flog die Praktikantin nach Afrika, um dort für das Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie Bonobo-Affen zu erforschen. Doch ihre Forschungsreise endete in einer Katastrophe: Am dritten Tag im Camp verirrte sie sich im Urwald, nur durch großes Glück und Zufall wurde sie elf Tage später gerettet.

Jetzt trifft Esther Carlitz ihren ehemaligen Arbeitgeber vor Gericht wieder: Rettungskosten von rund 66 000 Euro soll die Ex-Praktikantin jetzt zahlen. Ab heute verhandelt das Landgericht Konstanz.

Bei der Max-Planck-Gesellschaft in München verliert man dieser Tage nur wenige freundliche Worte über die ehemalige Studentin. „Ihr Verhalten war nicht angemessen“, sagt Sprecherin Christina Beck. Mit 23 Jahren sei sie doch eine erwachsene Frau gewesen, die wissen müsse, dass man nicht einfach so, ohne jede Ortskenntnis, durch den Urwald marschiere. Schon gar nicht, wenn man sich schon am Tag der Ankunft fast verlaufe, weil man ohne Rücksprache einer Affengruppe hinterherrenne, die einem zufällig über den Weg laufe, sagt Beck.

Laut Max-Planck-Gesellschaft hatte sich die Studentin am 23. Mai, wenige Tage nach ihrer Ankunft, mit einem Mitarbeiter zu ihrer ersten Beobachtungstour durch den Dschungel aufgemacht. Schon nach kurzer Zeit waren sie auf eine Gruppe Bonobos gestoßen und ihnen in den Wald gefolgt. Mittags dann bekam die Studentin Esther Carlitz Hunger, aber statt vom Proviant ihres Begleiters etwas zu nehmen, erklärte sie, die fünf Kilometer zurück zum Camp zu marschieren. Allein dieses Verhalten sei kaum nachvollziehbar, erklärt Beck.

Auf dem Rückweg verlief sich die Studentin und irrte tagelang durch den Dschungel, ohne Ausrüstung. Durch Zufall stieß sie auf vier einheimische Wilderer, die sie zurück zum Camp brachten.

„Wir hatten bis zu 50 Leute im Einsatz, die nach ihr suchten“, sagt Beck. Darunter auch eine Hundestaffel, die extra aus Deutschland angefordert worden war. Die Kosten belaufen sich auf 66121,55 Euro. „Wir müssen dieses Geld zurückfordern“, so Beck. Es sei öffentliches Geld, da gebe es keinen Spielraum.

Biologin Carlitz ihrerseits beharrt darauf, sie sei von den Max-Planck-Mitarbeitern nicht ordnungsgemäß eingewiesen worden. Sie sei weder mit brauchbaren Karten noch mit Funkgerät oder GPS-Empfänger ausgestattet worden. Die Gesellschaft habe ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt, sagt Anwältin Nuria Schaub – und verlangt im Namen ihrer Mandantin Schmerzensgeld in Höhe von 100000Euro. Was die Wissenschaftler verwundert: „Wenn es so schlimm gewesen ist“, fragt Beck, „wieso hat sie dann ein halbes Jahr lang versucht, sich wieder als Praktikantin einzuklagen?“

az

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