Ein globales Problem

Nicht nur CO2 qualmt aus dem Kamin des Kohleblocks, sondern auch das giftige Schwermetall Quecksilber.
von  Irene Kleber / Lokales
Das Heizkraftwerk Nord in Unterföhring: Im Block 2 verfeuern die Stadtwerke München Steinkohle zur Strom- und Fermwärmeerzeugung - und verpesten dabei auch die Luft.
Das Heizkraftwerk Nord in Unterföhring: Im Block 2 verfeuern die Stadtwerke München Steinkohle zur Strom- und Fermwärmeerzeugung - und verpesten dabei auch die Luft. © AZ

Nicht nur CO² qualmt aus dem Kamin des Kohleblocks, sondern auch das giftige Schwermetall Quecksilber. 

Block 2 des Heizkraftwerks Nord in Unterföhring, in dem die Stadtwerke München (SWM) Steinkohle zur Strom- und Fernwärme-Erzeugung verfeuern, bläst nicht nur Tonnen des Klimakillers Kohlendioxid (CO²), Staub und Stickoxide in die Luft. Sondern auch das giftige Schwermetall Quecksilber.

Auch dagegen laufen die Umweltaktivisten Sturm, die aktuell Unterschriften für das Bürgerbegehren "Raus aus der Steinkohle" sammeln.

„Es stimmt, wir emittieren auch Quecksilber“, sagt SWM-Versorgungs-Chef Stephan Schwarz, „aber auf einem Niveau unter allen Grenzwerten, so wie es für die ganze Branche vorbildlich wäre“.

Was die Steinkohle-Gegner alarmiert, ist dass sich Quecksilber im Gehirn anreichert, bei Ungeborenen und Kleinkindern zu Schäden bei der Gehirnausbildung führen und verminderte Intelligenz verursachen kann.

Hat der menschliche Körper das Gift einmal aufgenommen (etwa über die Nahrungskette über besonders belastete Fische), kann er sie nicht wieder abbauen. In Deutschland liegt laut Studien bei vielen Menschen die Belastung mit dem Nervengift über den zulässigen Werten.

Rund zehn Tonnen Quecksilber emittieren Kraftwerke und der Straßenverkehr allein in Deutschland. Drei Viertel der Menge stammen aus Kohlekraftwerken. Zusammen mit Griechenland und Polen ist die Bundesrepublik Spitzenreiter bei der Quecksilberfreisetzung in Europa. 

Um zu klären, wie viel Quecksilber tatsächlich aus dem Block 2 in die Luft gerät, haben die SWM das Heidelberger Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) mit einer Untersuchung beauftragt.

Nun liegt das Ergebnis vor: Block 2 habe 2014 insgesamt 7,2 Kilogramm Quecksilber in die Luft geblasen – ein Kilogramm mehr als der Straßenverkehr der Stadt (6,2 Kilo).

Der im Steinkohleblock hausgemachte Quecksilberanteil betrage aber nur 2,3 Prozent der Gesamtbelastung über München. Denn die stamme vor allem aus überregionalen Quecksilberquellen - etwa aus anderen Kraftwerken in Deutschland oder Braunkohlekraftwerken in Polen, China oder Russland.

Und wie steht es um die Einhaltung der Quecksilber-Grenzwerte? Hier fällt das Zeugnis von Studienleiter Bernd Franke gut aus: Die Konzentration im Abgas von Block 2 liege 25-fach unter dem deutschen Grenzwert. "Der Block unterschreitet heute schon den neuen, strengeren Wert, der ab 2019 in Deutschland gelten wird." Er liege sogar um 25 Prozent unter dem noch strengeren, der für die Kraftwerke in den USA gelte.

Grund dafür sei die hochmoderne Rauchgasreinigung am HKW, und, so Schwarz, "dass wir seit Jahren Kohle mit möglichst wenig Quecksilberanteil einkaufen".

Franke kommt zum Schluss: „Gäbe es Block 2 nicht, wäre die Belastung in München kaum niedriger – denn Quecksilber ist kein Münchner, sondern ein globales Problem.“

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