Eigenbedarfs-Kündigung: Mieter (89) aus München darf in Wohnung bleiben

In einem bundesweit beachteten Mietverfahren auf Herausgabe und Räumung gegen einen fast 90-jährigen Mieter aus München erging am Freitag das Urteil. Der Rentner darf in seiner Wohnung in Neuperlach bleiben.
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Erfolg für den 89-jährigen Münchner Mieter vor Gericht.
Amtsgericht München Erfolg für den 89-jährigen Münchner Mieter vor Gericht.

München - Erleichtert schaut er aus, kurz nach der Verhandlung am Amtsgericht. Und Rudolf K. hat auch allen Grund dazu: Denn seinen 90. Geburtstag wird er an diesem Samstag in seiner Drei-Zimmer-Wohnung in Neuperlach feiern dürfen – und das ohne Sorge, dass er sein vertrautes Heim bald wird verlassen müssen.

K. wohnt seit 1975 in seiner Wohnung. Damals hatte er die 80 Quadratmeter mit seiner inzwischen verstorbenen Frau angemietet. Heute wohnt er alleine dort, für 996,89 Euro warm. Am 24. Februar 2018 dann der Schock: Seine Vermieterin kündigt ihm wegen Eigenbedarfs zum 30. November 2018. K. widerspricht, seine Vermieterin erhebt Räumungsklage.

Sohn der Vermieterin braucht eine Wohnung

Die Vermieterin möchte die Wohnung ihrem erwachsenen Sohn zur Verfügung stellen. Der lebt nach der Trennung von seiner Freundin in einem neun Quadratmeter großen Zimmer in der Wohnung seines Vaters. Da der Sohn aber selbst ein Kind hat, das drei Tage in der Woche bei ihm wohnen soll, braucht der Sohn ein separates Kinderzimmer für seinen Nachwuchs.

In der 80-Quadratmeter-Wohnung, in der Rudolf K. wohnt, wäre dafür Platz.

Die Amtsrichterin sieht am Freitag die Eigenbedarfskündigung zwar als glaubwürdig an. So hätte die Vermieterin darlegen können, "dass der behauptete Eigenbedarf tatsächlich besteht".

Umzug für Rudolf K. nicht zumutbar

Ausziehen muss Rudolf K. aber trotzdem nicht. Denn die Amtsrichterin hat entschieden, dass ein Auszug für den Mieter eine zu große Härte bedeuten würde.

K. hatte sich nach der Kündigung auf 26 Wohnungen beworben, aber nur Absagen erhalten. Seit der Kündigung habe er fünf Kilo abgenommen, so K. vor Gericht.

Ein Sachverständiger hat zudem festgestellt, dass es für K. wahrscheinlich gravierende psychische Folgen haben könnte, verlöre er seine Wohnung.

Mietverhältnis muss auf unbestimmte Dauer fortgesetzt werden

Die Richterin ordnet an, dass das Mietverhältnis auf unbestimmte Dauer fortgesetzt werden muss. Rudolf K. freut das: "Das Urteil ist Geburtstag und Weihnachten zugleich für mich."

K. wird bei der Verhandlung am Freitag von einem Anwalt des Mietervereins vertreten. Volker Raststätter, Geschäftsführer des Mietervereins Münchens, teilt nach dem Richterspruch mit: "Dieses Urteil stärkt die Rechte älterer Mieter, die seit Jahrzehnten in ihren Wohnungen leben und auf dem aktuellen Wohnungsmarkt keine Chance haben." Der Mieterverein beobachtet seit Jahren eine Zunahme von Eigenbedarfskündigungen. 880 Fälle zählte der Verein allein bei seinen Mitgliedern im Jahr 2018. Das sind doppelt so viele wie noch 2017. Und heuer dürften die Fallzahlen laut Mieterverein ebenfalls nicht sinken.

Raststätter kritisiert, dass Vermieter bei Eigenbedarfskündigungen einen großen Kreis an Nutzern anmelden dürfen, zum Beispiel Pflegepersonal oder einen Neffen: "Hier fordern wir stärkere Regeln."

Lesen Sie hier: Mietpreisbremse - Regierung lässt Münchner Mieterin im Stich

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