DSL-Vertrag für Demenzkranken
MÜNCHEN - Die Deutsche Telekom schwatzt einem demenzkranken Rentner, der in einem Pflegeheim lebt einen „Surf & Call“-Tarif auf – Die Beschwerden werden einfach ignoriert.
Die Drohung war massiv – aber trotzdem wirkungslos: Eine Strafanzeige wegen vollendeten Betrugs kündigte der Münchner Bernhard Sick dem Kommunikationsriesen Deutsche Telekom an. Denn ein magenta-roter Mitarbeiter hatte seinem Bruder einen neuen Telefon-Tarif „aufs Auge gedrückt“, wie Sick es ausdrückt.
Das Problem: Der Bruder ist demenzkrank und lebt in einem Pflegeheim. Erst als Bernhard Sick die Medien einschaltete, reagierte die Telekom. Friedrich Sick lebt im Pflegeheim St. Martin, er hat einen auf seinen Namen laufenden Telefonanschluss. Bernhard Sick ist sein gesetzlicher Betreuer, er bekommt die Telefonrechnungen zugeschickt. Und wunderte sich sehr, als ihn sein Bruder anrief: Er habe von der T-Com ein Päckchen mit einem DSL-Splitter zugeschickt bekommen.
„Auftrag bitte sofort stornieren"
Ob er das für ihn bestellt habe? Er selbst habe jedenfalls nichts bestellt. Bernhard Sick brachte den Splitter am 19. März zu einem T-Punkt, gab ihn zurück und erklärte, es sei ihm unverständlich, weshalb sein Bruder so ein für ihn unnützes Teil erhalten habe. Die Mitarbeiterin vermerkte: „Kunde lebt in Pflegeheim und besitzt nicht einmal einen PC.“ Und: „Auftrag bitte sofort stornieren und auf bisherigen Tarif umstellen.“
Das mit dem „bisherigen Tarif“ machte Sick noch gar nicht stutzig. Erst als die Telefonrechnung kam, die deutlich höher ausfiel als gewohnt, entdeckte der Münchner, dass plötzlich nach dem „Call & Surf Tarif“ abgerechnet wurde. Voller Wut schickte er am 31.März einen Beschwerdebrief an die T-Com: „Ich bin empört über die Praktiken der Telekom, einem in einem Pflegeheim lebenden alten und dementen Menschen ein Call & Surf Comfort-Paket anzudrehen.“
Drei Wochen lang passierte gar nichts, Sick legte nach und drohte mit Anzeige – siehe oben. Wieder keine Reaktion. Erst als er sich in seiner Not an die Medien wandte und die bei der T-Com nachforschten, kam Bewegung in die Angelegenheit. Gestern Vormittag, also über einen Monat nach der ersten Reklamation im T-Punkt, klingelte bei Bernhard Sick das Telefon.
Und eine 30 Euro-Gutschrift
Ein T-Com-Mitarbeiter teilte ihm mit, die leidige Angelegenheit werde in kürzester Zeit geklärt, der Vertrag natürlich in den alten Zustand zurückgesetzt, Unkosten würden selbstverständlich nicht entstehen. Und eine 30 Euro-Gutschrift gebe es auch noch dazu. T-Home-Sprecher Ernst Wirtl sagte zur AZ, die telefonische Akquise für den Tarif „Call & Surf“ sei wie üblich verlaufen, der Angerufene sei mit dem Tarifwechsel einverstanden gewesen. In Fällen wie dem von Friedrich Sick werde ein Vertragswechsel aber natürlich rückgängig gemacht. Was nichts an der Tatsache ändert, dass der Vertrag damals bloß aufgrund eines Telefonats geändert worden war – einfach so, ohne gültige Unterschrift.
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