Dorf Kunterbunt: Der erste Bungalow ist angestrichen

Liesa Jakobsche hat als erste ihr Häuschen im Olydorf bemalt – über 1000 Quartiere warten noch darauf, von ihren Bewohnern verschönert zu werden.
MÜNCHEN Ein bisserl trist ist es auf den ersten Blick, das neu erbaute Studentendorf auf dem Olympiagelände. Schlichte, kubische Betonbungalows, grau in grau, soweit das Auge reicht. Und mittendrin, ein kleines Häuschen, das zu rufen scheint: „Schau mich an! Ich bin anders als die anderen!“
Man glaubt beinahe, das Meeresrauschen zu hören, wenn man vor Bungalow L 25 steht. Die Sonderpädagogikstudentin Liesa Jakobsche, 20, hat sich mit der Fassadenbemalung ihres Bungalows, den sie seit November letzten Jahres bewohnt, das Meer direkt in die Connollystraße 3 geholt. Links neben der Tür ein Leuchtturm, auf dem Küchenfenster eine Möwe, unten Schafe, die sich auf einer saftig-grünen Wiese tummeln. „Ich liebe die Nordsee und war früher mit meiner Familie oft dort im Urlaub“, sagt sie und zeigt stolz ihre bemalte Dachterrasse, auf der sie schon ein paar mal ein „Frühstück am Meer“ mit Freunden veranstaltet hat.
17 Stunden hat die Bemalungsaktion am 23. Mai gedauert. Von 11 Uhr vormittags bis 4 Uhr morgens hat Liesa zusammen mit vier Freunden bis zur Erschöpfung abgeklebt, gepinselt, gestrichen. „Zum Schluss haben wir mit Kopf-Taschenlampen einfach weitergemalt. Wir wollten unbedingt, dass es am nächsten Tag fertig ist“, sagt Liesa, die Kunst als Abiturfach hatte und schon immer leidenschaftlich gern gemalt hat.
Vor dem sukzessiven Abriss waren hier alle Bungalows bunt bemalt. Die Neubauten haben dagegen den Charme von Gefängniscontainern. Aber zum Glück gibt es ja Liesas kunterbunte Villa – und einige Nachahmer, die jetzt ebenfalls dabei sind, ihr kleines Domizil mit ganz viel Farbe aufzumöbeln. Die Farben dazu gibt es vom Studentenwerk kostenlos. „Die wollen ja auch, dass es hier wieder so schön aussieht wie früher“, sagt Liesa.
Insgesamt gibt es im Olympiadorf 1052 Bungalows. Wahrscheinlich wird es noch dauern, bis es wieder so kunterbunt zugeht wie im alten Dorf. Die Nachbarschaft ist aber schon mal begeistert von Liesas Werk. Ihr Leuchtturm ist momentan die Attraktion im Studentendorf.
Ihre neunjährige Schwester will in zehn Jahren auch hier einziehen. Wenn sie dann über die Türschwelle tritt, sieht man dort hoffentlich noch die fünf aufgemalten Blümchen. Jede Blume steht für einen Künstler, der mitgeholfen hat. Vanessa Plodeck