Dieses Mädchen braucht einen Stammzellen-Spender

Betül leidet an Leukämie. Die 17-Jährige und ihre Familie hoffen auf eine Typisierungsaktion am nächsten Sonntag in München – nicht nur für sie.
Anja Perkuhn |
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„Jetzt bist du dran!“: drei junge Spenderinnen bei einer Typisierungsaktion für Betül in der Schweiz.
privat 2 „Jetzt bist du dran!“: drei junge Spenderinnen bei einer Typisierungsaktion für Betül in der Schweiz.
Bei der Aktion für die junge Türkin geht es darum, einen genetisch passenden Spender zu finden.
privat 2 Bei der Aktion für die junge Türkin geht es darum, einen genetisch passenden Spender zu finden.

München - So stark ist sie“, sagt Ismail Malak. „Es wundert mich jedes Mal wieder, wie stark Betül und ihre Familie sind.“ Ismail Malak ist der Cousin von Betüls Vater, also so etwas wie ihr Großcousin. Die ganze Familie der 17-Jährigen nimmt Anteil an ihrem Schicksal. Vor vier Jahren bekam die Schülerin die schockierende Diagnose.

Es begann mit Bauchschmerzen, einem aufgeblähten Bauch, blauen Flecken am ganzen Körper. Im Krankenhaus erfuhren Betül und ihre Familie, dass es sich um eine akute Leukämie handelt. Betül begann den Kampf gegen den Blutkrebs. Zwei Jahre lang wurde wie mit Chemotherapien und Medikamenten behandelt. „Der Familie ging es sehr, sehr mies“, sagt Ismail Malak, „sie hatte keine Hoffnung. Umso glücklicher waren alle, als die Behandlung geholfen hat.“ Nach zwei Jahren Therapie galt Betül als geheilt.

„Die Familie will allen im Kampf gegen diese Krankheit helfen“ Vor vier Monaten kamen die Symptome aber zurück: Die Leukämie ist wieder akut. Die neue Chemotherapie begann vor ein paar Wochen – bislang leider ohne Wirkung. Betüls letzte Chance, wieder gesund zu werden, ist jetzt eine Stammzellspende – die gesunden Stammzellen eines genetischen Zwillings. „Ohne Spende kann man das Mädchen nicht retten“, sagt Ismail Malak. Malak organisiert deshalb zusammen mit der Stiftung Aktion Knochenmarkspende Bayern (AKB) eine Typisierungsaktion in München: Am 10. April findet sie statt beim Deutsch-Türkischen Kulturverein in der Heidemannstraße 3b im Münchner Norden – für Betül, aber auch für viele andere Patienten.

 

Kleiner Aufwand, große Wirkung

 

In die weltweit vernetzte Spenderdatei der AKB kann sich jeder gesunde Mensch zwischen 17 und 45 Jahren aufnehmen lassen – es sind nur ein paar Tropfen Blut und ein paar Minuten Zeit für ein Formular notwendig, um sich typisieren zu lassen. Für Leukämiepatienten bringt jeder neu Registrierte die Chance, wieder ganz gesund zu werden. Doch auch wer aus Alters- oder Gesundheitsgründen nicht als Spender in Frage kommt, kann helfen, erklärt die AKB: zum Beispiel durch eine Geldspende, die weitere Typisierungsaktionen ermöglicht. In der Schweiz, wo Betüls Familie lebt und sie nun in Basel im Krankenhaus liegt, haben sich bereits viele Menschen typisieren lassen, um ihr zu helfen. „Ich habe mich als Blutstammzellenspender registriert, jetzt bist du dran!“, steht auf einem Schild, das eine junge Spenderin für eine Fotoaktion hochhält – oder auf Türkisch: „Wir sind bei dir, Betül!“ Auch die Facebook-Community „Lösemiye karsi el ele – Gemeinsam gegen Leukämie“ ruft auf zur Hilfe für die junge Türkin und hat das Profilfoto zu einem Bild von Betül geändert. Ohne Haare, aber mit strahlendem Lächeln. Auf der Seite der Gruppe gibt es auch ein Video, das jemand im Heimatort von Betüls Familie aufgenommen hat: Fußballspieler, Soldaten, eine Bäckerin, Ladenbesitzer, Schüler – sie alle grüßen Betül und wünschen ihr gute Besserung.

Stammzellenspende: „Das war alles ganz harmlos“

Die Typisierungsaktion in München ist besonders wichtig, da es bei der konkreten Spende für Betül darum geht, einen genetisch passenden Spender zu finden: Usak, die kleine Stadt, im Westen der Türkei, aus der ihre Familie stammt, ist etwas Besonderes: „Die meisten Türken in München kommen entweder aus Kayseri oder Usak“, sagt Ismail Malak. „Die Chancen sind also nicht schlecht, in München jemanden zu finden, der als Spender für Betül passt.“

Ersttypisierungen sind teuer – der AKB ist auf Spenden angewiesen Er sei optimistisch, sagt er: Der einjährige, leukämiekranke Kerim, für den kürzlich in Bayern zu Typisierungen aufgerufen worden war, hat inzwischen einen Spender. „Also hoffen wir das Beste.“

Wichtig sei dafür aber auch, betont Manuela Ortmann vom AKB, dass der Stiftung genug finanzielle Mittel zur Verfügung stehen: „Allein bei der Aktion für Kerim in München und Nürnberg haben wir fast 2200 neue Spender aufgenommen. Das ist großartig, aber diese aufwendigen Ersttypisierungen im Labor machen zu lassen kostet 110 000 Euro, die wir über Spenden finanzieren. Wenn da jetzt noch einmal so eine große Aktion kommt, kann uns das finanziell in die Knie zwingen.“ Auch darum lädt der Kulturverein nicht nur potenzielle Stammzellenspender in die Moschee in der Heidemannstraße ein, sondern zu Kaffee und Kuchen alle, die irgendwie helfen wollen.

„Wir bewundern alle, wie stark sich Betül und ihre Familie verhalten“, sagt Ismail Malak. „Als ich letztens mit ihrem Vater telefonierte, sagte er: ,Vielleicht hilft die Typisierung meiner Tochter nicht mehr. Immerhin kann es Monate dauern, bis man herausgefunden hat, ob ein Spender passt und es dann eine Spende gibt. Aber es ist wichtig, dass mehr Daten in die Spenderdatei kommen.’ Es gehe der Familie darum, „der ganzen Menschheit im Kampf gegen diese Krankheit zu helfen“.

 

Mit Stammzellen gegen Leukämie: Informationen zum Spenden

 

Leukämie und andere Störungen der Blutbildung sind behandelbar, wenn ein passender Stammzellenspender gefunden wird. Es besteht aber auch dann keine Garantie auf Heilung. Bei der Ersttypisierung werden aus einer geringen Menge Blut die Gewebemerkmale eines möglichen Spenders untersucht. Die Ergebnisse werden in anonymer Form weltweit für Suchzentren zur Verfügung gestellt.

Grundsätzlich kann sich jeder im Alter zwischen 17 und 55 Jahren als potenzieller Stammzellenspender registrieren lassen. Lediglich bei schweren (und/oder chronischen) Erkrankungen sollte Rücksprache gehalten werden. Wer schon in eine Datei aufgenommen ist, braucht sich nicht noch einmal registrieren lassen. Eine Stammzell- oder Knochenmarkspende hat nichts mit dem Rückenmark zu tun: Die Zellen werden nicht mehr wie früher durch eine Entnahme von Knochenmark gewonnen, sondern aus dem Blut isoliert, indem jeweils wenig Blut von einer Maschine entnommen und wieder in den Körper gepumpt wird. Bei einer Spende gehen dem Körper keine Stammzellen verloren: Er bildet die Zellen innerhalb von etwa zwei Wochen nach. Das Verfahren ist mit einer Blutspende vergleichbar. Eine Spende findet immer mit persönlicher Betreuung, umfassender Aufklärung und ärztlicher Beratung statt.


Wer den AKB – auch speziell für Betül – unterstützen will, kann dies über dessen Aktionskonto tun: Kreissparkasse München Stiftung Aktion Knochenmarkspende Bayern IBAN: DE02 7025 0150 0022 3945 97 BIC/SWIFT: BYLADEM1KMS Verwendungszweck: Betül (Im Verwendungszweck bitte Namen und Adresse für eine Spendenquittung angeben.)

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