Die Weißwurst ist eine Hamburgerin
MÜNCHEN/HAMBURG - Mag sein, dass sich die Hamburger mit Labskaus, Scholle und Aal auskennen. Doch dass sie nun auch noch die Weißwurst zu ihren Errungenschaften erklären, das dürfte den Münchner alles andere als wurscht sein. Ist unsere Wurst-Spezialität in Wirklichkeit eine Erfindung der Hamburger?
Thorsten Gillert von der Oberhafen-Kantine ist davon jedenfalls überzeugt: „Jahrzehnte bevor die Weißwurst nach München kam, wurde sie bereits in Hamburg gegessen“, behauptet der Küchenchef, der die Spezialität in seinem Restaurant zu hausgemachten süß-scharfem Senf und Schwarzbrot für 4,95 Euro reicht. „Im Grunde ist die Weißwurst sogar ein Hamburger Kulturgut“, sagt er.
Bereits in der hamburgischen Franzosenzeit von 1806 bis 1814 sollen die Besatzer das Rezept für die besondere Wurstspezialität mit in die Hansestadt gebracht haben. Der Leibkoch des Marschalls Louis-Nicolas Davout bereitete daraus eine Luxusvariante zu, die Hamburger Bürgern zum zweiten Frühstück vorgesetzt wurde. Genau so wie die Münchner Weißwurst, wird die Hamburger Wurst im heißen Wasser gebrüht und ohne Haut gegessen.
Allerdings gibt’s zwischen beiden Spezialitäten auch einige Unterschiede. Der größte: Die Hamburger Variante besteht nicht nur aus Kalbfleisch und Schweinespeck, sondern laut dem historischen Rezept auch aus Matjes und Salzhering, die in geheimer Marinade eine Woche eingelegt wurden. „An Feiertagen und zu besonderen Anlässen wird dem Brät auch noch ein wenig Lachskaviar hinzugefügt“, erklärt Gillert. Wie lecker...
Und noch einen Unterschied gibt’s zwischen der Münchner Weißwurst und der fischigen Kreation der Nordlichter: In Hamburg darf die Weißwurst auch noch nach dem 12-Uhr-Läuten verspeist werden. 2009 soll sie auch auch in Bayern vorgestellt werden.
Daniel Aschoff
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