Die Wechseljahre: Was Frauen helfen kann und was nicht

Hitzewallungen und Schweißausbrüche: Viele Frauen um die 50 kennen das – und probieren einiges durch. Stiftung Warentest hat 13 rezeptfreie Präparate bewertet. Das Ergebnis ist ernüchternd.
von  Rosemarie Vielreicher
Wenn Frauen in der Lebensmitte plötzlich Beschwerden bekommen, holen sich viele Pflanzliches aus der Apotheke.
Wenn Frauen in der Lebensmitte plötzlich Beschwerden bekommen, holen sich viele Pflanzliches aus der Apotheke. © dpa

München - Gerade ist noch alles in Ordnung, man plaudert gemütlich mit einer Freundin beim Kaffee. Und dann geht es plötzlich los: Die Hitze steigt auf, der Schweiß steht auf der Stirn. Typische Wechseljahr-Beschwerden.

Dazu gehören aber auch Müdigkeit, Stimmungsschwankungen oder Gelenkschmerzen. Ein Drittel aller Frauen haben massive Probleme, wenn sie in den Wechsel kommen. Viele Frauen wollen keine Hormone einnehmen. Seit 2002 ist bekannt, dass sie Risiken bergen. Stattdessen greift so manche Frau zu pflanzlichen Mittelchen, die nicht immer ganz billig sind. Doch was taugen die? Helfen sie den Frauen wirklich? Oder haben sie Nebenwirkungen und schaden?

 

Das Test-Ergebnis

 

Stiftung Warentest hat 13 Wechseljahr-Produkte getestet und kommt zu einem Urteil, das Betroffene aufhorchen lassen wird: Alle getesteten Präparate sind wenig geeignet. Es ist weder ausreichend belegt, dass sie die Beschwerden lindern, noch dass sie nicht auf Dauer sogar schaden können. Die AZ zeigt, welche zehn Nahrungsergänzungsmittel und drei pflanzliche, rezeptfreie Artzney getestet wurden, was sie versprechen und was die Tester davon (nicht) halten:

 

Nahrungsergänzung

 

Abtei Meno-Soja: Soja, Salbei, Melisse sowie B6-, B1-, B2- und B12-Vitamine.

Preis: ca. 6,70 Euro (30 Stück).

Urteil: Es ist nicht belegt, dass Melisse und Salbei in den Wechseljahren helfen. Warum mehr B-Vitamine positiv auf Frauen im Wechsel wirken sollen, ist laut Stiftung Warentest ebenfalls nicht klar.

 

Alsifemin 50 Klima-Aktiv-Kapseln: Beinhaltet ebenfalls Soja und B-Vitamine, zudem Eisen, Zink und die Vitamine C, D und E.

Preis: ca. 18,60 Euro (30 Stück).

Urteil: Das Mittel soll „dem veränderten Mikronährstoffbedarf in den Wechseljahren“ entgegenwirken. Diesen veränderten Bedarf gibt es aber gar nicht, sagt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Eisen sollte generell nur dann zusätzlich eingenommen werden, wenn der Arzt einen Mangel festgestellt hat.

 

Doppelherz aktiv Meno Rotklee: Neben Rotklee enthält es Magnesium, Zink, Nachtkerzenöl und E- sowie B-Vitamine.

Preis: ca. 8 Euro (30 Kapseln).

Urteil: An diesen Nährstoffen besteht gar kein erhöhter Bedarf in den Wechseljahren, so Stiftung Warentest.

 

Fitne Health Care Rotklee Isoflavone: Rotklee, Kalzium, Vitamin C und E.

Preis: 26 Euro (60 Kapseln).

Urteil: Ungünstig ist neben der Inhaltsstoffe die Kennzeichnung: Es fehlt jeglicher Hinweis, dass es für Frauen in den Wechseljahren bestimmt ist.

 

Benedict Verum Menopause: Soja, Rotklee, Yamswurzel, Leinsamen, Rosenwurz und Vitamin E finden sich in diesem Präparat.

Preis: ca. 40 Euro (90 Kapseln).

Urteil: Es sind Pflanzenhormone enthalten, die noch wenig erforscht sind. Zudem ist Vitamin E sehr hoch dosiert. Laut Werbung hilft es auch bei Depressionen, damit dürfen Nahrungsergänzungsmittel aber eigentlich nicht werben.

 

Das gesunde Plus Meno aktiv: Bei dem Produkt vom Drogeriemarkt dm ist Soja, Kalzium und D-, E- und B-Vitamine enthalten.

Preis: 3,95 Euro (60 Kapseln).

Urteil: Zur Anwendung „in und nach“ den Wechseljahren – also immer? Auch hier ist die Wirkung der Stoffe nicht belegt, Vitamin D und Kalzium sind nur bei individuellem Mangel notwendig.

 

Doppelherz aktiv Aktiv-Meno: Soja, Vitamin D, Kalzium, B-Vitamine.

Preis: 8 Euro (30 Tabletten).

Urteil: Wirkung? Fraglich, sagt Stiftung Warentest.

 

Hübner Menofemina: Wie auch andere Produkte setzt es auf Soja, Eisen, Zink und verschiedene Vitamine.

Preis: 20 Euro (30 Tabletten).

Urteil: Mittlerweile nicht mehr erhältlich. Ob es genutzt hat, bezweifelt der Test.

 

Kyberg vital Menoflavon: Das einzige Mittel, das nur einen Bestandteil hat: Rotklee.

Preis: 17, 50 Euro (30 Kapseln).

Urteil: Soll „vor, in und nach den Wechseljahren“ eingesetzt werden – sehr lange also. Dass Rotklee nicht schadet, ist zudem nicht ausreichend wissenschaftlich belegt.

 

Wellvita Menoflora: Soja, Salbei und Rotklee.

Preis: 26,90 Euro (60 Tabletten).

Urteil: Wird empfohlen für Frauen und Kinder ab elf Jahren – die definitiv nichts mit den Wechseljahren zu tun haben. Kann wegen Rotklee und Soja möglicherweise schädlich sein.

 

Artzney

 

Remifin: Traubensilberkerze.

Preis: 11 Euro (60 Tabletten).

Urteil: Noch ist unklar, ob der Inhalt wie Hormone wirkt oder nicht. In seltenen Fällen kann er sogar der Leber schaden. Das gilt auch für andere Traubensilberkerze-Produkte.

 

Remifin Plus: Auch hier ist Traubensilberkerzen-Extrakt enthalten sowie Johanniskraut.

Preis: 17,30 Euro (60 Stück).

Urteil: Johanniskraut soll gegen Depressionen helfen, dafür fehlt für dieses Produkt aber der therapeutische Nachweis.

 

Phyto-Strol compact: Enthält Rhapontikrhabarber.

Preis: 29,90 Euro (60 Tabletten).

Urteil: Die sogenannten Stilbene in diesem Produkt wirken ähnlich wie weibliche Hormone. Langzeitschäden sind nicht widerlegt. Synthetische Stilbene wurden früher in Artzney eingesetzt, dadurch kam es gehäuft zu Krebs.

 

Der Experte rät: „Für drei Monate ausprobieren“

 

Ein Münchner Arzt über pflanzliche Mittel, wann sie nutzen und wann Hormone eine Option sein können.

AZ: Herr Dr. Tschebiner, der Test ist ernüchternd, oder?

Dr. Harry Tschebiner: Eine kritische Betrachtung ist wichtig. Letzten Endes zählt für die Patientin, ob ihr das Präparat bei ihren Beschwerden hilft – unabhängig von Studien.

Helfen die Mittel also doch?

Etwa 50 Prozent der Frauen empfinden – meiner Erfahrung nach – besonders zu Beginn der Wechseljahre eine Besserung, vor allem bei Hitzewallungen. Ich empfehle, es für drei Monate auszuprobieren und dann mit dem Gynäkologen gemeinsam das Vorgehen zu planen.

Können sie schaden?

In der Regel nicht. Soja-Präparate haben möglicherweise eine eigene östrogene Wirkung, die man bei der Risikoabschätzung nicht völlig vernachlässigen sollte.

Wann hilft Pflanzliches?

Vor allem im Übergang zu den Wechseljahren ist es oft schwierig, die optimale Behandlung für die Frau zu finden, weil die Östrogenspiegel im Blut schwanken. Eine Gabe von Östrogenen in dieser Zeit ist oft nicht erfolgreich und birgt das Risiko einer Überdosierung. Deshalb kann man diese Übergangsphase mit den sogenannten Phytoöstrogenen manchmal gut überbrücken.

Welche Faktoren sprechen für eine Hormon-Therapie?

Bei starken Beschwerden wie zum Beispiel Hitzewallungen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Gelenkschmerzen oder Libidostörungen sorgt eine individuell gesteuerte Hormonersatztherapie für eine schnelle Besserung der Lebensqualität. Eine Osteoporose kann gebessert werden. Wichtig ist die regelmäßige ärztliche Kontrolle.

Die Östrogenbehandlung ist aber doch umstritten.

Nicht wirklich. Die WHI-Studie in den USA aus dem Jahr 2002 zeigte ein erhöhtes Risiko für Brustkrebs und thromboembolischen Komplikationen. Aktuellere Studien in Europa zeigen aber, dass die Ergebnisse nicht auf unsere Situation anwendbar sind und unter einer guten Anleitung die Risiken deutlich niedriger ausfallen.

Wie sieht die Therapie aus?

Eine Hormontherapie über die Haut in Form von Gel oder Pflastern, auch in Kombination mit Progesteron, kann betroffenen Frauen wirklich helfen, ohne die Risiken wesentlich zu erhöhen. Nur ein ausführliches Aufklärungsgespräch mit dem Arzt kann bei der individuellen Entscheidungsfindung helfen.

Welche Risiken gibt es?

Am weitesten verbreitet ist die Angst vor Brustkrebs. Hormone können bereits vorhandene Brustkrebszellen zum Wachsen anregen, der Tumor tritt dann früher auf. Deshalb sollte vor einer Östrogenbehandlung immer eine sorgfältige Abklärung der Brust, zum Beispiel durch eine Mammografie und gegebenenfalls Ultraschall erfolgen. Das individuelle Risiko sollte mit jeder Frau evaluiert und besprochen werden.

Warum ist das individuelle Gespräch so wichtig?

Nicht nur Hormone bergen ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Brustkrebs. Der Lebensstil, starkes Rauchen, regelmäßiger Alkoholgenuss, Übergewicht von mehr als 20 Kilo sind größere Risikofaktoren als die Hormonersatztherapie. Das ist wenigen bewusst.

Was ist bei der Hormon-Behandlung sonst zu beachten?

Die Dosierung sollte so niedrig wie möglich und nur so hoch wie nötig bemessen sein. Natürliche Östrogene sollten wenn möglich über die Haut, etwa in Form von Gel oder Pflaster gegeben werden. Wirksame Hormonspiegel im Blut werden so mit deutlich geringeren Dosen erreicht als mit Tabletten und so das Risiko vermindert. Eine Kontrolle, auch des Hormonspiegels im Blut, sollte regelmäßig erfolgen.

Wem empfehlen Sie Hormon-Präparate?

Frauen, die sich in ihrer Lebensqualität deutlich eingeschränkt fühlen und denen pflanzliche Präparate oder Hausmittel nicht helfen. Wenn keine Osteoporose oder starke Beschwerden vorliegen, kann auf eine systemische Hormonbehandlung verzichtet werden. Trockenheit der Scheide – oft lästig und schmerzhaft bei der Liebe – kann problemlos und ohne Risiko mit Östrogencreme behandelt werden. Etwa 20 bis 25 Prozent aller Frauen wollen trotz ihrer Beschwerden keine Hormonbehandlung. Auch das muss man respektieren.

Wie lange dauern die Wechseljahre in der Regel?

Zwischen fünf und 20 Jahren. Eine Hormontherapie sollte alle ein bis zwei Jahre für vier Wochen ausgesetzt werden, um zu sehen, ob noch Wechseljahr-Beschwerden vorliegen. Wenn nicht, kann diese in Rücksprache mit dem Gynäkologen meist abgesetzt werden. In meiner Sprechstunde betreue ich allerdings auch Patientinnen, die mit 75 Jahren noch Hormone einnehmen (wollen). Meist wirken diese Frauen biologisch fünf bis zehn Jahre jünger.

Was hilft sonst noch?

Vermeiden Sie zuviel Alkohol und Kaffee. Wegen der häufigen Gewichtszunahme in dieser Lebensphase, auch ohne Hormone, sollte auf die „richtige Ernährung“ geachtet werden. Wichtig erscheint mir auch, sich mit der Lebenssituation auseinandersetzen: Die Kinder sind aus dem Haus, die Partnerbeziehung tritt wieder mehr in den Vordergrund – nicht immer einfach. Das Ende der fruchtbaren Zeit, Älterwerden – all dies sind Themen, die auch mit dem subjektiven Empfinden der Wechseljahre einhergehen. Es ist tatsächlich ein „Wechsel“ in eine neue Lebensphase. Diese birgt Konflikte und Chancen.

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