Die neusten Tricks der Münchner Betrüger

Auch den Notar oder Gerichtsvollzieher mimen sie, drohen oder versprechen etwas – und zocken nur ab. Die neusten Maschen der Betrüger und was die Polizei rät.
Nina Job |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Böse Überraschung: Auf aufgeschwatzte Verträge am Telefon folgen oft Inkasso-Forderungen.
fotolia/AZ Böse Überraschung: Auf aufgeschwatzte Verträge am Telefon folgen oft Inkasso-Forderungen.

München - Es war ein unangenehmes Gespräch. Obwohl keiner Schuld bewusst, war Johanna A. (69) geschockt. Vergangene Woche rief bei ihr zuhause in Thalkirchen ein Mann an, der behauptete, vom „Büro der Staatsanwaltschaft“ zu sein. „Da wird einem ganz anders, auch wenn man nichts angestellt hat“, berichtete sie der AZ.

Was folgte, erschreckte die Rentnerin noch mehr. Der Fremde behauptete, dass sie bei Gewinnspielen mitgemacht und nicht bezahlt hätte. „Ich sollte 1200 Euro zahlen, sonst würde es zum Prozess kommen. Der würde mich 6000 bis 8000 Euro kosten“, berichtet Johanna A. Sie beteuerte dem Anrufer, dass sie nur einmal wöchentlich am Kiosk Lotto spielen würde, aber der Anrufer blieb hart. Nach 20 Minuten legte Johanna A. entnervt auf – und ging zur Polizei. Dort erfuhr sie, dass sie fast einem Betrüger aufgesessen war.

Der Erfindungsreichtum der Telefon-Abzocker ist unerschöpflich. Die Masche mit dem Staatsanwalt ist die neueste: „Das ist der erste Fall, von dem ich höre“, sagte Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch am Freitag. Er stellt klar: „Die Staatsanwaltschaft fordert ausschließlich in Schriftform zu Zahlungen auf.“

Die Masche mit der Autoritätsperson ist bei Betrügern sehr verbreitet, da erfolgreich. Mal geben sie sich als Polizist aus, mal als Rechtsanwalt oder Notar. Auch Angestellte der Bundesbank-Hauptverwaltung oder Bundesnetzagentur kommen vor. „Das schafft Vertrauen“, sagt Tobias Molnar, Chef des Betrugs-Kommissariats. „Wir hatten auch Betrüger, die sich als Gerichtsvollzieher oder vom Amtsgericht ausgaben. Die boten an, gegen Vorauskasse eine Zwangsvollstreckung abzuwenden“, sagt Tobias Molnar.

Der Grundtrick ist immer gleich. Molnar: „Man verspricht etwas oder man setzt die Leute unter Druck.“ Etwa fünf Anzeigen in Sachen „Telefon-Abzocke“ laufen jede Woche in seinem Kommissariat auf. Sehr beliebt bei Betrügern sind zur Zeit die Gewinnspiele. Doch das schicke Auto, die Auszahlung oder die tolle Reise gibt’s immer erst dann, wenn vorher „Gebühren“ bezahlt werden. Meist soll das Geld online oder anonym überwiesen werden. Auf die Gegenleistung warten die Geprellten bis zum St. Nimmerleinstag. Johanna A. ist heilfroh, dass sie dem „Herrn Staatsanwalt“ einfach den Hörer hingeknallt hat.

 


 

Das rät die Polizei:

 

Legen Sie bei Anrufern, die Ihnen dubios erscheinen, einfach auf!

Leisten Sie niemals eine Vorauszahlung für einen Gewinn!

Zahlen Sie keine Extra-Gebühren, die angeblich für eine Überführung, Zustellung oder für Anwälte und Notare fällig werden!

Nehmen Sie Gewinne nur an, wenn Sie tatsächlich teilgenommen haben und das Unternehmen seriös ist!

Geben Sie am Telefon nie Bankdaten oder PIN-Nummern bekannt.

Lassen Sie keine Handwerker oder Stromableser ohne Termin in Ihre Wohnung!

Lassen Sie keine Fremden in Ihre Wohnung!

 


 

Vom Enkel zum Teppich- und Schnäppchen-Trick

 

Allein im vergangenen Jahr machten so genannte Trickbetrüger in München mehr als 300000 Euro Beute. In der Mehrzahl sind Senioren die Opfer. Die Betrüger spielen mit ihrem Vertrauen und geben sich stets als andere aus. Die häufigsten Tricks, mit denen Münchner in ihren eigenen vier Wänden abgezockt werden: [

ENKELTRICK

In Telefonbüchern suchen die Täter gezielt nach Vornamen, die nach älteren Semestern klingen. Am beliebtesten sind Frauennamen, sie klingen nach allein stehenden älteren Frauen. Die übliche Begrüßung am Telefon lautet: „Rate mal, wer dran ist?“ Nach dem Ratespiel geben sich die Betrüger als der genannte Enkel oder Neffe aus, dann erzählen sie von einer Notlage, einem bevorstehenden Auto- oder Wohnungskauf und bitten um eine kurzfristige Leihgabe in bar. Wenn sie ihre Opfer weich gekocht haben, schicken sie einen angeblichen Bekannten vorbei, der das Geld abholt. 59 Fälle mit dieser Betrugsmasche zählte die Münchner Polizei allein im vergangenen Jahr. Die Dunkelziffer wird auf zehnmal höher geschätzt. Am 12.Januar verlor eine Rentnerin (67) aus Harlaching mit diesem Trick 36000 Euro. Sie war dafür eigens zur Bank gegangen.

FALSCHE STADTWERKER:

Die Täter geben sich als Mitarbeiter der Stadtwerke aus – meist als Stromableser – um in fremde Wohnung zu kommen. Ihr Ziel: Ausspähen, wo die Wertsachen liegen. Im Dezember 2011 klingelte ein Täter bei einem blinden Rentner (85) aus dem Hasenbergl, sagte, er müsse die Wasserhähne überprüfen. Beim Gehen nahm er ein Kuvert mit 15000 Euro mit. Das Geld hatte der Blinde kurz zuvor bei seiner Bank abgehoben.

FALSCHE HANDWERKER:

Sie führen Schein-Arbeiten durch und fordern Sofort-Kasse. Oft nehmen sie auch gleich noch das Ersparte mit – wie am 1. März in Neuperlach: Ein junger Mann im Overall klingelte an der Tür eines 68-Jährigen aus Neuperlach. Er behauptete, er müsse noch eine „Kleinigkeit“ an der Warmwassertherme reparieren. 150 Euro verlangte der Mann anschließend für seine Dienste. Als er die Wohnung wieder verließ, hatte er auch noch den Schlüssel des Rentners sowie ein Sparbuch und die Brieftasche dabei. Schaden: mehr als 1000 Euro.

TEPPICH- oder SCHNÄPPCHEN-TRICK:

Mal klingeln die Betrüger, mal sprechen sie ihre Opfer auf der Straße an. Sie bieten Teppiche oder Lederjacken zum Schnäppchenpreis an, im Nachhinein entpuppt sich die Ware stets als minderwertig. Beliebter Spruch, wenn die Betrüger ihre Opfer auf der Straße ansprechen: „Wir kennen uns doch“. Dann behaupten sie, in Not zu sein und bitten um ein „kurzfristiges Darlehen“. Als Pfand oder Sicherheit lassen sie etwas da (Teppich, Lederjacke) da. Die Opfer sehen ihr Geld nie wieder. Und die Ware ist das Geld nicht wert.

 

 

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.