Die neuen Armen sind die Alten

Das Sozialreferat legt seinen Geschäftsbericht vor – ein Streifzug durch den Dschungel an Sozialleistungen. Besonders Besorgnis erregend: Die steigende Zahl der Rentner, die Hilfe brauchen
Julia Lenders |
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Immer mehr Rentner müssen jeden Cent umdrehen.
dpa Immer mehr Rentner müssen jeden Cent umdrehen.

Das Sozialreferat legt seinen Geschäftsbericht vor – ein Streifzug durch den Dschungel an Sozialleistungen. Besonders Besorgnis erregend: Die steigende Zahl der Rentner, die Hilfe brauchen.

MÜNCHEN 1202206000 Euro. Oder in Worten: Eine Milliarde und mehr als zweihundertzwei Millionen Euro. So hoch waren die Gesamtkosten des Sozialreferats im vorigen Jahr. Gestern hat die Behörde dem Stadtrat ihren Geschäftsbericht vorgelegt – und einen Überblick über Entwicklungen in der Stadt gegeben. Ein Streifzug durch den Dschungel der Sozial-Ausgaben.

Altersarmut: Der Trend ist deutlich. Die Alten sind die neuen Armen. Ende 2010 reichte 11307 Münchnern die Rente nicht zum Leben – eine Steigerung von 5,7 Prozent innerhalb eines Jahres. Die Stadt kommt die Armut teuer: Die Ausgaben für die Grundsicherung im Alter und für erwerbsunfähige Menschen lagen bei gut 122 Millionen Euro. Das sind fast vier Millionen Euro mehr als noch im Jahr davor. Und die Prognosen sind düster: Ende nächsten Jahres wird es demnach schon mehr als 12500 arme Rentner geben. Was für den Stadthaushalt eine große Erleichterung ist: Der Bund übernimmt ab kommendem Jahr stufenweise die Kosten der Grundsicherung.

Hartz IV: Vom Aufschwung keine Spur: Die Zahl der Empfänger ist vergangenes Jahr fast gleich geblieben. 75530 Menschen bekamen Arbeitslosengeld II. Gestiegen ist die Zahl der Kinder, die von Transferleistungen leben müssen. Exakt 20871 Kinder und Jugendliche im Alter von unter 15 Jahren sind in München davon betroffen.
Die Stadt muss immer häufiger einspringen und sich an Kosten für die Unterkunft beteiligen. Im vorigen Jahr lagen die bei insgesamt 227,2 Millionen Euro. Rekord.

Wohnungslosigkeit: Die Notquartiere sind voll (AZ berichtete). Was die Stadt vor große Probleme stellt: Immer mehr Großfamilien bitten um Not-Betten. Viele sind Flüchtlinge mit einer Bleibe-Berechtigung und deren nachgezogene Angehörige. Ende vorigen Jahres warteten 39 Haushalte, die es zusammen auf 286 Familienmitglieder brachten, auf eine dauerhafte Wohnung. Die Kosten für die Wohnungslosenhilfe insgesamt lagen 2010 bei rund 20 Millionen Euro.

Wohngeld: Das bekommen Menschen mit geringem Einkommen, die keine anderen Sozialleistungen erhalten. In München werden rund 7900 Haushalte damit unterstützt – im Schnitt mit 111 Euro pro Monat. Die Stadt muss zwar nicht aus ihrem Etat für die Auszahlungen aufkommen – doch sie bearbeitet die Anträge. Und da gibt es deutlichen Verbesserungsbedarf. Das zeigt eine Zahl: Die Verwaltungskosten pro ausgezahltem Euro Wohngeld lagen bei 52 Cent. „Die Baustelle ist uns bekannt und wir sind dran”, sagte Sozialreferentin Brigitte Meier gestern. Die Sachbearbeitung soll künftig flotter vonstatten gehen.

Sozialwohnungen: Der Bedarf ist riesig. Die Zahl der Vormerkungen lag Ende 2010 bei 9832. Fast die Hälfte aller Anfragen galt als „besonders dringlich”. Übers Jahr hinweg konnten aber nur 3500 Haushalte vermittelt werden. Im Rahmen des Wohnungsbauprogramms für Benachteiligte am Wohnungsmarkts sind nur elf Wohnungen fertig geworden.

Wohnbestandssicherung: Eine Zweckentfremdungssatzung verbietet, dass Wohnungen gewerblich genutzt werden. Im vorigen Jahr entdeckten Außendienstmitarbeiter 161 Wohnungen, die sozusagen „illegal” genutzt wurden.
 

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