"Die Musik wackelt und bebt in dir"
München – Niemand fährt im Dezember der Liebe wegen nach Paris. Es tropft vom Eiffelturm und der Himmel ist so grau wie der halbmatschige Schnee auf den Straßen. Niemand fährt also dorthin – außer Daniel Fischer. Die Liebe war in diesem Fall: eine Gypsy-Jazz-Gitarre.
Solche Gitarren sind in Deutschland selten zu finden – für eine richtig gute von einem Gitarrenbauer fährt man am besten nach Frankreich. Also nahm der Münchner auf dem Rückweg von einem Arbeitstermin einen Umweg über Paris in Kauf, fuhr mit einer Bummelbahn quer durch die Stadt – und schließlich mit einem 2000-Euro-Instrument im Arm zurück nach Hause.
Die Gitarre, die er mitbrachte, sieht im Grunde aus wie eine normale Akustikgitarre. Sie ist aber etwas größer und schwerer, die Saiten sind dicker als normale. Diese feinen Unterschiede sorgen dafür, dass es harte Arbeit ist, aus einer Gypsy-Jazz-Gitarre die lebendige Swingmusik zu holen, die ohne Verstärker einen großen Raum erfüllen und Menschen am besten zum Tanzen bringen soll. „Das Spielen ist anstrengender, viel grobmotorischer“, sagt Fischer. „Die Musik wackelt und bebt in dir.“ Er macht dabei Gitarrenschrammelbewegungen in der Luft, bis er selbst wackelt und bebt.
Max Meinhardt ist eine Band in einer Supersonderspezial-Ecke in einem Winkel einer Nische
Über diese kleine Liebesgeschichte kann man verstehen, was die Münchner Band Max Meinhardt ist: vier Münchner Musiker – Daniel Fischer, Klarinettist Max Wunderle, Gitarrist Max Stahlschmidt und Bassistin Julia Hornung – in einer Supersonderspezial-Ecke in einem Winkel einer Nische. Aber dort sind sie populär und erfolgreich genug, um Headliner des ersten „Münchner Gipsy Jazz Festivals“ zu sein.
Die beiden Max’ und Daniel (mit zweitem Vornamen Meinhardt) trafen sich in Augsburg bei dem Gypsy Jazz Festival zu Ehren von Django Reinhardt – einer Ikone dieser Musikrichtung. Reinhardt erlitt bei einem Brand in seinem Wohnwagen schwere Verletzungen an der linken Hand und entwickelte einen virtuosen Spielstil nur mit Daumen, Zeige- und Mittelfinger. Vor allem Dank seiner Band wurde Gypsy Jazz in den Dreißigern populär. Es ist der erste und einzige in Europa entstandene Jazzstil.
Dieser Musik verschrieben sich die drei jungen Musiker gemeinsam: Als Max Meinhardt begannen sie 2012, zu musizieren – wegen diverser Auslandsaufenthalte und Umzüge immer mal in anderer Besetzung. Nur einer ist stets geblieben: Daniel Fischer.
"Die Musik hat mich nie losgelassen", sagt Daniel Fischer. Stattdessen hat sie den Weg vorgegeben
Der 35-Jährige steckt am tiefsten in Max Meinhardt. Wunderle und Stahlschmidt sind bald Ingenieure, Hornung studiert auch, an der Hochschule für Musik und Theater. Fischer suchte lange. Er war nach dem Abitur für eine Bewerbung am Konservatorium nicht mutig genug, sagt er – für den konsequenten Schritt von der Musik weg aber auch nicht. Er machte Zivildienst, weil sie ihn doch noch einzogen, schrieb sich danach ein für Psycholinguistik, weil sich das irgendwie okay anfühlte. Später wechselte er zu Soziologie.
„Die Musik hat mich nie losgelassen“, sagt er. Stattdessen hat sie ihn durchgeschüttelt, ihn beben und wackeln lassen – und am Ende für ihn entschieden. Fischer schreibt heute noch an seiner Doktorarbeit über Spuren, die Menschen im Internet hinterlassen. Fertig werden soll die auch mal. Aber nicht sofort. Jetzt geht es erst einmal in das erste Jahr, in dem Musik das Wichtigste ist.
Im September soll ein neues Album erscheinen
In Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer hat Max Meinhardt genug Künstler für vier Tage Gypsy Jazz zusammenbekommen, einige davon mehr als sehr gut. Max Meinhardt ist die „Hausband“ des Münchner Literaturhauses, eine umtriebige Hochzeits-Band, die Triebfeder der Vernetzung der wenigen Gypsy-Jazz-Bands der Region. Im September soll ein neues Album erscheinen. Das ist ein Plateau, auf dem Fischer angekommen ist. Und von dem aus es weitergehen kann.
Wohin? „Ich sehe mich mit 50 nicht auf einer Hochzeit spielen“, sagt er. Zwischen dieser Vision und der Gegenwart ist viel Raum für Dinge, die sein könnten.
Aber bei richtig guten Liebesgeschichten wissen die Protagonisten ja nie sicher, dass am Ende alles gut wird.
Das Programm im Fraunhofertheater:
Donnerstag, 14. Mai
Swing Tanzworkshop mit Swing Lyons (16 Uhr, Eintritt: 8 Euro)
Franz Ensemble und Sebastien Bennett Trio (Doppelkonzert, 20.30 Uhr, Eintritt: Vorverkauf 16/Abendkasse 14 Euro)
Freitag, 15. Mai
Sandro Roy Trio und Gipsy Keys (Doppelkonzert, 20.30 Uhr, Eintritt: 28/25 Euro)
Samstag, 16. Mai
Max Meinhardt mit Diknu Schneeberger und Monaco Swing Ensemble mit Diknu Schneeberger (Doppelkonzert, 20 Uhr, Eintritt: 28/25 Euro)
Sonntag, 17. Mai
Tanzfrühschoppen „Bouncing in Bavaria“ mit Musik von Monaco Swing Ensemble und Kapelle Z’wiad (11 Uhr, 12 Euro)
Informationen und Karten unter: www.gipsyjazztage.de und unter 089 / 26 78 50
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