"Die letzten Jahre waren hart": Jetzt spricht der Investor der Paketposthalle
Heuschrecke ist wohl noch eine der netteren Bezeichnungen, die der Investor Ralf Büschl (68) von seinen Kritikern zu hören bekommt. Eigentlich ist er Jurist. Doch mit seinem Unternehmen, der Büschl Unternehmensgruppe, realisiert er in München seit Jahren viele Immobilienprojekte, die München für immer verändern werden. Dazu zählt die Bebauung am Eggarten, die Großmarkthalle – und das Paketpostareal.
An der Friedenheimer Brücke plant er zwei 155 Meter hohe Türme und weitere Gebäude. Insgesamt sollen dort rund 1200 Wohnungen und 3000 Arbeitsplätze entstehen. Außerdem will er die denkmalgeschützte Paketposthalle zu einer Art überdachten Stadtplatz machen. Allerdings gibt es Gegenwind: Eine Bürgerinitiative kämpft noch immer dafür, dass es zu einem Bürgerentscheid kommt.

Im ersten Teil ihres Interviews hat die AZ Ralf Büschl nicht nur gefragt, wer in die Türme einzieht und was in der Halle geboten sein soll, sondern auch wie er so ein riesiges Projekt überhaupt finanzieren will. Denn auch für sein Unternehmen hatte die Immobilienkrise Folgen.
AZ: Herr Büschl, was gefällt Ihnen an München nicht, dass Sie das Stadtbild durch zwei Hochhäuser verändern wollen?
RALF BÜSCHL: München ist schön, verträgt aber moderne, zukunftsweisende Architektur. In einer Großstadt wird sich die ohne Hochhäuser nicht darstellen lassen. Ich möchte, dass München mit der Zeit geht und sich zu einer solchen zukunftsweisenden Großstadt entwickelt.
Die Münchner haben in einem Bürgerentscheid entschieden, dass sie keine höheren Häuser als die Frauenkirche wollen. Warum glauben Sie, dass sie darüber hinweggehen dürfen?
Ich gehe über keine Entscheidung hinweg. Der Entscheid von 2004 ist längst nicht mehr rechtlich bindend.
2021 haben Sie in der AZ ein Ratsbegehren, sprich einen neuen Bürgerentscheid, zu den Türmen vorgeschlagen. Sie haben Ihre Meinung geändert, oder?
Damals war die Situation nicht vergleichbar. Eine Fraktion schlug damals ein Ratsbegehren vor. Inzwischen hat sich der Stadtrat klar dagegen entschieden. Er hat seinerzeit stattdessen ein Bürgergutachten durchgeführt, einen großen Beteiligungsprozess, gemacht. In diesem haben sich die Bürger für die Hochhäuser ausgesprochen. Im Übrigen wird ständig übersehen, dass wir ein ganzes Quartier schaffen. Aber immer geht es nur um die Höhe...
Die Hochhäuser polarisieren nun mal am meisten…
Eine verschwindend kleine Menge an Menschen nimmt sich die Höhe als Vorwand, dagegen zu sein. Aber in Wirklichkeit geht es denen darum, München einzufrieren.
"Als Projektentwickler darf ich nie nervös sein"
Für das Grundstück haben Sie laut Amtsgericht fast 240 Millionen gezahlt. Wie nervös sind Sie, dass alles noch scheitert?
Wie viel wir gezahlt haben, kommentiere ich nicht. Grundsätzlich sollte ich als Projektentwickler nie nervös sein und bin es auch nicht. Denn jedes Projekt kann sich positiv oder negativ entwickeln. Das ist das Geschäft, egal wie viele Millionen man ausgegeben hat.
Trotzdem können Sie ein Projekt der Größe kaum allein umsetzen. Haben Sie Investoren?
Außer unseren Gesellschaftern noch nicht.
Ist wahrscheinlich schwierig, sie zu finden, wenn ein Bürgerentscheid das Ganze noch kippen könnte.
Wir sind vorerst durchfinanziert. Wenn der Stadtrat Baurecht erteilt hat, gehen wir die nächsten Schritte.
Wollen Sie sich mit den Türmen ein Denkmal setzen?
Nein, gar nicht. Wir schaffen etwas, dass es im Münchner Westen noch nicht gibt, anders als im Osten, wo sich das Werksviertel entwickelt hat. Wir wollen Wohnraum für jeden Geldbeutel, Einkaufen, Arbeiten, Freizeit, Kunst, Kultur, alles in einem Quartier.

Können Sie versprechen, dass in den Hochhäusern auch Normalverdiener einziehen?
Wir schaffen in einem der beiden Hochhäuser Wohnraum für systemrelevante Berufe, also zum Beispiel Pflegekräfte. Da können Sie sicher sein.
Sie bekommen bei dem Projekt viel Gegenwind, werden gerne Grünwalder Heuschrecke genannt. Hat Sie das verändert?
Dass ich für wenige ein Feindbild bin, berührt mich nicht. Ich bin überzeugt, dass wir etwas Gutes tun. Denn München braucht Wohnraum, Kunst, Kultur, Freizeit, Büroflächen.
Laut Studien stehen in München sieben Prozent der Büros leer.
Vor fünf Jahren gab es keine einzige Fläche, die leer stand. Das wird sich wieder drehen.
Wenn nicht? Planen Sie dann um und schaffen mehr Wohnraum?
Die Planungen sind abgeschlossen. Dass es sich nicht dreht, ist entgegen allen Erfahrungen der letzten 50 Jahre. Die Büros, die heute leer stehen, sind alt, ohne gute Energieversorgung, oft mit schlechter ÖPNV-Anbindung. Das ist bei uns anders. Wir wollen das Quartier nach neusten Standards bauen. Möglicherweise wird es Photovoltaik auf der Paketposthalle geben. Auch die Fassaden der Türme sollen Photovoltaik bekommen.
"Die Paketposthalle soll ein leuchtender Stern werden"
Was soll in der denkmalgeschützten Paketposthalle geboten sein, dass sich die Münchner dafür in die S-Bahn setzen?
Als ich das Quartier gekauft habe, war mein Grundgedanke, dass wir die Halle zu einem leuchtenden Stern machen. Mehrmals im Jahr soll sich die Nutzung ändern. Egal, ob es regnet, schneit oder heiß ist, in der Paketposthalle kann ein Programm stattfinden. Wir haben ein Verfahren gestartet, um Ideen aus der Bevölkerung zu bekommen. 1200 sind eingegangen. Kurz bevor die Halle eröffnet, werden wir schauen, ob die Ideen noch aktuell sind. Innerhalb von zehn Jahren kann sich ja viel verändern.
Das heißt, 2035 ist Eröffnung?
Das kann ich nicht genau sagen. Es kommt darauf an, wann wir Baurecht haben. Die Bauphase wird lange dauern. Wir rechnen mit 2031, 32, 33.

Es hieß immer, dass in den Untergrund ein Konzertsaal soll. Gilt das noch?
Das lässt der Bebauungsplan zu, aber er verpflichtet uns nicht. Wir haben uns für das Opern-Interim beworben, während die Staatsoper saniert wird. Ob sich der Freistaat dafür entscheidet, ist offen.
Wer wird die Halle betreiben?
Das machen wir, außer den Konzertsaal. Wir werden mit den Veranstaltungen nichts verdienen. So ist es vertraglich mit der Stadt festgelegt. Wir mussten den Betrieb der Halle durch viel Geld besichern. Im Grundbuch ist das festgehalten.
Sie sagen oft: Ohne die Türme kommt die ganze Planung nicht. Klingt nach Erpressung.
Überhaupt nicht. Ich gebe damit nur den Sachverhalt wieder. Entweder dieser Bebauungsplan kommt so, wie er ist, oder er kommt nicht. Es gibt auf diesem Grundstück ein Gewerbebaurecht. Das könnten wir jederzeit umsetzen, seit sechs Jahren jeden Tag. Das ist eine der Möglichkeiten, wie wir damit umgehen könnten.
"Die letzten Jahre waren hart – auch für unsere Projekte"
Wie viel Geld haben Sie bisher in die Planung gesteckt?
Viel. Millionen. Das ist normal, so ein großes Projekt verschlingt sehr viel Geld.
Was machen Sie, um nachts trotzdem gut zu schlafen?
Ich freue mich über meine Enkelkinder und das schöne Wetter. Warum sollte ich nicht gut schlafen? Dann müsste ja jeder Unternehmer schlecht schlafen.
Die Immobilienbranche steckt seit Jahren in einer Krise.
Ich habe schon vier solcher Krisen mitgemacht. Sie gehören dazu, genauso wie die Hochphasen. Aber die letzten drei Jahre waren hart, auch für unsere Projekte. In meinen Augen hat die vergangene Bundesregierung nicht genug gegen diese Krise getan, auch wenn sie natürlich nichts für Kriege oder Corona konnte.
Welchen Beitrag hat das Rathaus? Es heißt oft, die Regeln für eine sozialgerechte Bodennutzung seien schuld.
Die Immobilienkrise der letzten Jahre ist sicher nicht wegen der Sobon in München entstanden. Das hatte weltweite Gründe. Ich war immer ein Verfechter der Sobon. Wegen ihr hat München keine Brennpunkte. Deshalb haben wir bei mehreren Projekten freiwillig die Quoten für sozialgeförderten Wohnraum erhöht.
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