Die Krippen-Katastrophe
MÜNCHEN - Wartelisten, die immer länger werden und Schwangeren-Staus vor den Kinderkrippen. Eltern suchen in München verzweifelt Betreuungsplätze. Die Lage bessert sich nur langsam.
Münchens Mütter wissen nicht wohin mit ihren Babys. Wer nach der Geburt an die Zeit nach dem Mutterschutz denkt, sieht schwarz. Kinderkrippenplätze sind rar in München. So rar wie Wasser in der Wüste.
Der aktuelle Versorgungsgrad liegt laut Sozialreferat bei 17,4 Prozent – nicht einmal ein Sechstel. Bei Kindergärten sind es 83 Prozent. Für die 36806 Kinder zwischen null und drei Jahren stehen nur 5903 Kinderkrippenplätze zur Verfügung. Davon sind 2708 städtisch.
Schwangeren-Staus vor den Krippen
Die Folge der knappen Krippen-Kapazität: Schwangeren-Staus vor den Krippen. Jeden Montag stehen Dutzende Münchnerinnen vor der Einrichtung in der Feilitzschstraße an der Münchner Freiheit. Sie wollen auf die Warteliste – immerhin gilt die Bewerbung für gleich sechs Krippen auf einmal. Vergangenes Jahr mussten sie noch jede einzelne abklappern.
Auf den hoffnungslos überfüllten Listen stehen manchmal bis zu 1000 Mütter. Von ihnen kriegen statistisch gesehen nur 3,5 Frauen einen Platz.
"Private Kitas sind einfach zu teuer"
Für die übrigen heißt es: warten. Manchmal über ein Jahr. Corie Martel steht seit Oktober 2006 auf der Warteliste. Eine andere Chance, als immer wieder zu kommen, immer wieder zu fragen und immer weiter zu hoffen, hat die 34-jährige Studentin aus den USA nicht. „Private Kitas sind keine Alternative, die sind einfach zu teuer.“
Dabei ist München im Vergleich zum restlichen Bayern ein Krippen-Paradies: Die Stadt stellt knapp die Hälfte aller Plätze im Freistaat. Von 1990 bis 2006 gab die Kommune dafür 90 Millionen Euro aus.
Dennoch gibt es innerhalb der Stadt große Unterschiede: Im Bezirk Altstadt/Lehel ist der Versorgungsgrad mit 35,6 Prozent am höchsten, in Laim (11,1 Prozent) am niedrigsten. Norden und Westen sind eh schlechter bestückt: Schwabing-West, Pasing-Obermenzing, Allach-Untermenzing und Feldmoching-Hasenbergl dümpeln zwischen 11,6 und 14,9 Prozent – nicht einmal ein Achtel der benötigten Plätze.
Immerhin: Die Stadt stemmt sich gegen die Kita-Katastrophe. Bis 2001 baut sie 1284 weitere Plätze. Dafür gibt sie knapp 72 Millionen Euro aus.
Die Eltern müssen derweil warten – wo sollen sie auch hin? Selbst im Ausland ist es nicht wirklich besser, das weiß auch Corie Martel. „Das ist kein typisch münchnerisches Problem“, sagt sie . „In den USA ist es genauso.“
Thomas Gautier
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