Die Isar wird zum Rinnsal
München - Was hätten die Münchner bloß gegeben, wenn die Stadt im Sommer eine derart stabile Hochdrucklage gehabt hätte. Fünf Wochen schon kein Regenwölkchen mehr am Himmel. Allenfalls Hochnebel filtert in tieferen Lagen den dauernden Sonnenschein.
Was der Sommer versäumt hat, holt jetzt der Herbst nach. Mit der Folge, dass die Isar immer mehr zu einem mickrigen Rinnsal verkümmert.
Wer also kann sich spontan erinnern, wann es in München zuletzt geregnet hat? Laut den Aufzeichnungen des Wetterdienstes „Donnerwetter.de“ wurde der letzte Niederschlag im Stadtgebiet am vergangenen Donnerstag gemessen: 0,1 Millimeter. Ein paar Nebel-Tröpfchen. Mehr nicht.
Kaum üppiger fällt die Bilanz für Oktober aus: 47,2 Millimeter Regen haben Meteorologen gemessen. Am heftigsten regnete es am 8. Oktober. Doch auch da waren es nur 13,6 Millimeter.
Normalerweise fallen in München im Herbst monatlich rund 80 Millimeter Regen. Laut „Wetterkontor“ liegt die Niederschlagsquote bisher bei gerade mal 57 Prozent.
„Eine so lange und ausgeprägte Trockenphase ist schon sehr ungewöhnlich“ sagt Karsten Brandt, Metereologe bei „Donnerwetter.de“.
Frühestens Mitte nächster Woche ziehen am Himmel über München Regenwolken auf, prognostizieren alle Meteorologen unisono. Das Hoch „Yana“ verteidigt bis dahin tapfer seinen Platz über Mitteleuropa. Ob das nächste Tief den novembertypische Dauerregen bringt oder nur ein paar müde Schauer, vermag derzeit kein Wetterdienst präzise vorherzusagen.
Die Trockenzeit ist inzwischen auch der Isar anzusehen. Kümmerliche 16,6 Kubikmeter Wasser fließen derzeit pro Sekunde bei Puppling die Isar runter. Bei Baierbrunn südlich von München ist der Fluss nur noch 21 Zentimeter tief. Ein Flüsschen. Wenn überhaupt.
In München liegt der Pegel nach Angaben des Hochwassernachrichtendienstes derzeit bei 29 Zentimeter. Tendenz fallend. Der Schwabinger Bach bringt es immerhin noch auf 47 Zentimeter.
Die Wasserkraftwerke an der Isar bekommen die niedrigen Pegel bereits zu spüren. Die Turbinen laufen längst nicht mehr mit voller Leistung.
Trotzdem muss in München niemand um die Wasserversorgung bangen. „Die Münchner beziehen ihr Trinkwasser aus dem Mangfalltal und aus Tiefbrunnen“, sagt Matthias Junge vom Wasserwirtschaftsamt, deshalb sei die Versorgung gesichert.
Am Münchner Flughafen kämpfte man gestern dagegen wieder mit der Nebelsuppe. 33 Flüge wurden nach Informationen eines Sprechers bis zum frühen Mittag ganz gestrichen. Peter Prümm: „Rund 80 Maschinen hatten mehr als eine halbe Stunde Verspätung. 80 weitere Flugzeuge landeten oder starteten über eine Stunde später.“
Wetterkapriolen, wie sie in diesem Herbst auftreten, können in künftigen Zeiten noch deutlich extremer werden. Wissenschaftler des Leibniz Institut der Uni Kiel warnen – gestützt auf einen aktuellen UN-Bericht – vor extremer Dürre, auch in hiesigen Breiten.
Bis zum Jahr 2100 sollen in Süddeutschland Temperaturen bis fast 50 Grad möglich sein. Aber das ist Zukunftsmusik. Gewissermaßen: Sonne von morgen.
Ein bayerischer Herbst: Nix als Sonne
Von wegen Graupel, Nässe und Kälte – heuer ist alles anders: In vielen Gegenden des Freistaats ist es knochentrocken, herrscht Waldbrandgefahr und sinken die Pegel – aber die Menschen freut’s
Bayern sitzt auf dem Trockenen. Seit Wochen hat es in vielen Gegenden des Freistaats nicht mehr geregnet. In Kempten, Augsburg, Nürnberg und Würzburg ist es 26 Tage her, dass Tropfen vom Himmel fielen. Das triste Novemberwetter von einst – trüb, verregnet, nasskalt – lange her. Der November 2011 zeigt sich von seiner Sonnenseite und strengt sich an, einen neuen Temperaturrekord aufzustellen. 2,6 Grad war es bisher nach Messungen von Donnerwetter de. zu warm.
Was vor allen Dingen fehlt, sagen Meteorologen, ist Regen, wie die Pegel von vielen bayerischen Seen zeigen: Beim Chiemsee ist der Wasserspiegel nach Angaben des Bayerischen Landesamtes für Umwelt inzwischen mehr als einen halben Meter abgesunken, ähnlich sieht es beim Schliersee aus. Beim Tegernsee fehlen 20 Zentimeter. Auch am Ammersee steht der Pegel auf niedrig. Nur der Starnberger See hält sich bislang tapfer.
Kaum besser sieht es an den bayerischen Flüssen aus. Die Donaupegel bei Oberndorf und Pfelling melden einen sehr niedrigen Wasserstand. Ähnlich sieht es an der Vils bei Grafenmühle oder der Altmühl bei Eichstätt aus.
Ohne Regen könnte es für die Binnenschiffer auf der Donau bald ziemlich eng werden. Die Bergbauern bekommen jetzt schon die Folgen der Trockenheit zu spüren. Zwar ist das Feuer in einem Waldgebiet oberhalb von Bayrischzell inzwischen weitgehend gelöscht. Doch jederzeit können neue Brände entstehen. Spaziergänger sollten deshalb keine brennenden Zigaretten achtlos wegwerfen, warnt Forstminister Helmut Brunner. Die Bauern wurden vom Ministerium aufgefordert, Reisig und Äste nicht wie sonst üblich zu verbrennen, sondern abzutransportieren und zu häckseln.
Am schlimmsten ist die Trockenheit momentan westlich des Ammersees. Auch im Gebiet nördlich von Rosenheim und Traunstein hat es seit Wochen nicht mehr geregnet. In Kolbermoor ist der Grundwasserspiegel bereits auf unter 3,25 Meter gesunken, der niedrigste Stand seit März.
„Nass nei“ geht es momentan eigentlich nur ganz wenigen Bayern. Den Bewohnern von Straubing und Bad Feilnbach beispielsweise. Bei denen hat es laut Landesamt für Umwelt zuletzt vor drei Tagen getröpfelt. Allerdings so wenig, dass es manch einer wohl gar nicht mitbekommen hat.
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