Die Hungerstreikenden kollabieren

Die Situation um die Asylsuchenden auf dem Rindermarkt wird noch bedrohlicher. Die Stadt toleriert das Lager. Eine Lösung ist nicht in Sicht
John Schneider, Ralph Hub |
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ALTSTADT „Sein Puls ist schwach.” Die Helferin alarmiert daraufhin sofort die Sanitäter. Wieder ist ein Hungerstreikender kollabiert. Wenig später wird er am Donnerstagmittag in offenbar bewusstlosem Zustand abtransportiert.

Es ist der sechste Tag des Hungerstreiks und der dritte, an dem die Asylbewerber auf dem Rindermarkt auch das Trinken verweigern. Sie fordern sofortige Anerkennung ihrer Asylanträge. Die Stimmung ist gereizt. Ein Absperrband hält die Schaulustigen auf Abstand.

Entstanden ist das Zeltlager am Samstag während einer Demo. Einige Teilnehmer, die nicht ganz zufällig ihren Schlafsack dabei hatten, ließen sich am Rindermarkt spontan nieder und meldeten eine eigene Veranstaltung an.

Die Aktion polarisiert die Menschen am Rindermarkt. Erregte Diskussionen sind zu beobachten. Es gibt Verständnis für die verzweifelte Situation, aber auch böse Worte von Passanten. Anwohner haben sich bereits wegen des Menschenauflaufs beschwert.

Die 55 Asylbewerber im Durst- und Hungerstreik aber wollen ihre Aktion fortsetzen. Inzwischen seien 17 kollabiert, berichtet ihr Sprecher Ashkan. „Zwei sind aber wieder zurückgekehrt.”

Zudem seien inzwischen einige Unterstützer, die bereits einen gesicherten Aufenthaltsstatus in Deutschland haben, aus Solidarität in einen Hungerstreik getreten. Ein direktes Gespräch mit den Hungerstreikenden wird den Behörden verwehrt. Verhandlungen mit dem Sprecher der Gruppe sind am Mittwoch ergebnislos abgebrochen worden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte angeboten, die Anträge binnen zwei Wochen zu prüfen – doch das lehnen die Streikenden ab. Sie bleiben bei ihrer Maximalforderung. „Jetzt wird sich zeigen, ob Menschenleben oder Paragrafen wichtiger sind”, erklärt Sprecher Ashkan.

 

Gegen 12.30 Uhr trifft gestern OB Christian Ude vor Ort ein. Er bespricht sich mit seiner Sozialreferentin Brigitte Meier, mit der Polizei und dem medizinischen Personal. Die Stadt will helfen. Auch das Angebot, zwei Großzelte aufzubauen, wird von den Streikenden abgelehnt.

Ude betont allerdings mehrmals, dass er die lebensgefährdende Aktion ablehnt. Es könne nicht sein, dass man am Verhandlungstisch mit einer ungesetzlichen Aktion drohe.
Humpelnd und sichtlich geschwächt kehrt in seinem Rücken einer der Hungerstreikenden zurück auf sein Lager. Er und seine Mitstreiter protestieren auch gegen die Zustände in den Gemeinschaftsunterkünften wie der Münchner Bayernkaserne, gegen „Schikanen” der bayerischen Flüchtlingspolitik wie Residenzpflicht, Arbeitsverbote und Essenspakete. Zumindest Letzteres kann Ude verstehen.

Das Zeltlager werde von der Stadt als „politische Versammlung” betrachtet und daher derzeit toleriert, sagt der OB. Derzeit ist auch keine Zwangsräumung des Lagers von Seiten der Polizei geplant.

„Jetzt ist in erster Linie die Politik gefordert”, sagt Polizeisprecher Wolfgang Wenger. Am Mittwochabend hat aber auch die Polizei eingreifen müssen. Die Polizeikräfte bezogen Position zwischen linken Sympathisanten und rechten Störern.

Rechtspopulist Michael Stürzenberger und eine Handvoll Anhänger waren nach ihrer Veranstaltung am Marienplatz zum Rindermarkt marschiert. Die beiden Lager wurden von der Polizei auf Distanz gehalten. Es blieb bei Beschimpfungen. 

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