Die Giftmischerin lacht vor Gericht

Altenpflegerin Andrea T. (42) soll in einem Kreuther Heim eine 81-jährige Frau mit einem Medikamenten-Cocktail umgebracht haben. Im Mordprozess schildert sie ihre Version.
John Schneider |
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Vor Gericht: Andrea S. (links, mit Übersetzerin) ist keine Mörderin.
John Schneider Vor Gericht: Andrea S. (links, mit Übersetzerin) ist keine Mörderin.

München - Andrea T. lacht in die Kamera. Sie spielt vor Prozessbeginn mit den Fotografen neckisch Verstecken. Ist das die kaltblütige Show einer Mörderin? Oder ist die 42-jährige Altenpflegerin tatsächlich unschuldig?

Jedenfalls hat sie ihre ganz eigene Version der Geschehnisse vom 27. Mai 2012. Vor dem Landgericht gab sie gestern zwar zu, Martha K. (81) in deren Apartment in einer Kreuther Seniorenresidenz beim Mix eines tödlichen Medikamenten-Cocktails geholfen zu haben.

Aber: Sie habe der alten Dame das Gebräu keineswegs gewaltsam verabreicht. Nein, sie sei nicht mal dabei gewesen, als die Frau die Mischung trank.

Staatsanwalt Florian Gliwitzky glaubt ihr kein Wort. „Ich habe hier eine lange Liste von Widersprüchen. Wollen Sie sich das nicht noch einmal überlegen?“

Er spielt damit auf Vernehmungen durch die Polizei an. Damals hatte die Pflegerin unter anderem nichts von dem Schmuck erwähnt, den man später in ihrer Wohnung fand. Schmuck, den ihr Martha K. geschenkt hatte – ein Geschenk, dass die Pflegerin nicht annehmen durfte. Schon deshalb, weil die demenzkranke Martha K. einen Vormund hatte, der einem solchen Geschenk hätte zustimmen müssen.

Das wusste Andrea T., wie sie im Prozess zugab. Hier vermutet die Staatsanwaltschaft das Mord-Motiv: Die Frau habe den wertvollen Schmuck behalten wollen.

Andrea T. wusste auch, dass Martha K. selbstmordgefährdet war. Das wollte sie sich laut Anklage zunutze machen. Sie half Martha K. beim Anmischen eines Todes-Cocktails.

Die 42-Jährige gab vor Gericht auch zu, dass sie zu diesem Zweck das aus Ungarn besorgte Lidocain auf Spritzen gezogen und sie der 81-Jährigen gegeben habe. Die selbst habe das Betäubungsmittel dann zu Schlafmitteln in zwei Flaschen gespritzt.

Die Ankläger gehen davon aus, dass die Heimbewohnerin aber nicht selber davon getrunken hat. Darum habe Andrea T. ihr die Nase zugehalten und den tödlichen Cocktail gewaltsam eingeflößt.

Ein mögliches Indiz: Bei der Obduktion der Toten fand sich eine Wunde an der Nase. Dafür hat Andrea T. eine Erklärung: Martha K. habe den Cocktail probieren wollen und sich selbst die Nase zugehalten.

Und ihre Spuren auf dem Safe von Martha K.? „Sie führte meine Hand, als sie die Safe-Kombination eingab.“

Der Tod der alten Frau habe sie sehr bewegt, sagt die Angeklagte: „Als ich abends wieder zu ihr kam, war sie schon tot. Ich habe bitterlich geweint.“

Dass sie dann die Flaschen und die Lidocain-Ampullen entsorgt habe, sei „unbewusst“ geschehen.

Das Gericht meldet Zweifel an. Andrea T. aber bleibt dabei: „Was ich heute erzählt habe, ist die Wahrheit.“ „Haben Sie der Frau bei der Einnahme vielleicht geholfen?“, hakt Richter Martin Rieder nach. „Nein, ich schwöre.“ Rieder winkt ab: „Keine Schwüre bitte.“

Der Prozess ist auf weitere neun Tage angesetzt.

 

 

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