Die GBW verkauft 4488 Wohnungen
Die GBW galt mal als sehr sozialer Vermieter. Die neuen Eigentümer machen Steine zu Geld: 4488 Wohnungen werden bis zum nächsten Jahr verkauft! Die AZ kennt die geheimen Unterlagen
München - Die GBW wird zerlegt. Schon als die AZ vor Monaten über den Plan der GBW berichtete, hunderte Wohnungen in Bestlage in Schwabing und der Maxvorstadt zu verkaufen, gab es den Verdacht, dass eine viel größere Verkaufswelle folgt.
Nun zeigen interne Berichte der neuen Eigentümer und einer Wirtschaftsprüfer-Firma das ganze Ausmaß. Der AZ liegen diese Dokumente vor.
Hier lesen Sie, wer die neuen Eigentümer sind – und was sie mit der GBW und deren Wohnungen vorhaben.
TAUSENDE WOHNUNGSVERKÄUFE
Bis 2015 will die GBW dem Plan nach 4488 Wohnungen mit einer Wohnfläche von insgesamt 276343 Quadratmetern verkaufen – die Verkäufe von 2013 mit eingerechnet. Das sind gerade mal zwölf Wohnungen weniger, als im Rahmen der Sozialcharta für die Mieter verkauft werden dürfen. Dabei soll es Einzelprivatisierungen, aber auch Blockverkäufe geben.
Im Gegenzug sollen bis 2016 nur 1337 Wohnungen mit 91211 Quadratmetern Wohnfläche neu gebaut oder angekauft werden. Bei den Gewerbeflächen sieht es ähnlich aus. Bis 2015 sollen hier 35 Einheiten mit insgesamt 6645 Quadratmetern verkauft werden. Aber nur vier Einheiten mit einer Fläche von 463 Quadratmetern sollen dazukommen.
Auch bei den Garagen und Stellplätzen wird aussortiert: 2973 will die GBW verkaufen, nur 958 neu bauen oder zukaufen. Insgesamt will die GBW so ihre vermietete Wohn- und Gewerbefläche von 2006626 auf 1813660 Quadratmeter verringern. Ab 2016 seien keine Verkäufe mehr beabsichtigt, heißt es im Plan.
Im Moment hat die GBW laut Bericht rund 31750 Wohnungen und etwa 300 Gewerbeimmobilien. Die Wohnungen haben im Schnitt 62 Quadratmeter und zwei bis drei Zimmer. Der Anteil an geförderten Wohnungen liegt bei rund 30 Prozent. München ist der wichtigste Standort der GBW: Hier hat sie knapp 8000 Wohnungen, weitere 2600 liegen im Münchner Umland.
Die AZ fragt bei der GBW nach, warum sie den Bestand verkleinert. Zurück kommt eine Standardantwort, mit der die GBW-Sprecherin auch auf die letzten Anfragen der AZ geantwortet hatte: An- und Verkäufe seien „aktives Portfoliomanagement“, konkrete Auskünfte gebe man nicht.
In den internen Berichten stehen dafür recht genaue Gründe. Zum einen soll das „Immobilienportfolio in strukturschwachen Regionen bereinigt“ werden. Was unrentabel ist, muss weg. Das betrifft München recht sicher nicht.
Wohl aber der zweite Grund: „Zur Nutzung außerordentlicher Gelegenheiten, bei denen sich temporär aufgrund der günstigen Rahmenbedingungen Gewinne gegenüber der aktuellen Bewertung erzielen lassen.“ Das heißt: Die GBW will bei den besten Stücken, die derzeit viel Gewinn bringen, absahnen.
Dadurch winken Millionen. Die Verkäufe aus dem Jahr 2013 sollten rund 31,4 Millionen Euro bringen. Für 2014 rechnet das Unternehmen mit rund 47,4 Millionen Euro, für 2015 sogar mit 55,4 Millionen. Zum Vergleich: Von 2010 bis 2012 verdiente die GBW dem Bericht der „Pearl AquiCo Eins“ zufolge durch Immobilienverkäufe nur zwischen knapp zwei und gut vier Millionen Euro pro Jahr.
Dass nach den Verkäufen die Mieten steigen, ist sehr wahrscheinlich. Schließlich wollen auch die neuen Käufer wieder Rendite. Und dass die Sozialcharta die Mieter nicht ausreichend schützt, zeigte sich bereits vielfach.
DAS OMINÖSE KONSORTIUM
Die GBW-Mieter wissen nicht, wem genau ihre Wohnungen gehören. Viele von ihnen haben einen Brief bekommen, in dem es heißt: „Wie Sie aus der Presse erfahren haben, hat die Bayerische Landesbank ihren Anteil an der GBW an die Pearl AcquiCo Eins GmbH & Co. KG und an die Pearl AcquiCo Zwei GmbH & Co. KG veräußert.“ Damit kann kaum jemand etwas anfangen. Ein Mieter klagt jetzt gegen den Freistaat Bayern, um zu erfahren, wem seine Wohnungen wirklich gehört.
Die GBW-Wohnungen wurden im Mai 2013 von der BayernLB unter der Regie von Finanzminister Markus Söder (CSU) an ein „Konsortium um die Patrizia AG“ verkauft. Bis heute sei nicht namentlich bekannt, wer hinter dem Konsortium steht. Im Bericht der „Pearl AquiCo Eins“ wird dieses Geheimnis gelüftet. Allerdings auf verwirrende Art.
Das ist die Struktur des ominösen „Patrizia-Konsortiums“:
Die Firmen „Pearl AquiCo Eins“ und „Pearl AquiCo Zwei“ wurden extra für die Übernahme der GBW-Wohnungen geschaffen. Daran waren GmbHs mit den Namen „Blitz 13-308“ und Blitz „13-309“ beteiligt. Diese sollen mittlerweile „Oscar Immo AquiCo1“ und „Oscar Immo AquiCo2“ heißen. Die Patrizia AG war anfangs noch beteiligt, wich dann aber der „Zett Beteiligungs GmbH“.
Diese machte schließlich Platz für mehrere Luxemburger Investoren mit Namen wie „Oscar Diversify Umbrella“ oder „Oscar Lux Aquihold Co“. Auch diese Firmen sollen umbenannt werden.
Dazu kommen 27 weitere Investoren wie Versicherungen und Versorgungswerke. Die Augsburger Patrizia taucht in der Aufstellung der aktuellen Eigentümer mit ihrem Namen nur noch indirekt auf: Die „Patrizia Alternative Investments GmbH (PAI)“ übernehme „Beratungen“ und „Managementdienstleistungen“, heißt es in den Berichten.
Auf die Frage nach der Rolle der Patrizia im Konsortium antwortete der Sprecher des Konzerns nicht.
Hinter den einzelnen Investorenfirmen stehen teils wiederum weitere Investoren. Das ergibt ein undurchsichtiges Geflecht. Möglicherweise geht es dabei nur um Steuervorteile. Doch der Verdacht, dass die verwirrende Struktur gewollt ist, drängt sich auf.
DER „SQUEEZE OUT“ UND DIE FOLGEN
Im Herbst 2013 wurden die Minderheitsaktionäre der GBW abgefunden (das heißt im Fachjargon „Squeeze Out“). Das Unternehmen gehört jetzt ganz der „Pearl AquiCo“. Die spart damit nicht nur Kosten, sondern konnte die Firma auch neu organisieren: Die GBW wurde von einer AG in eine GmbH umgewandelt.
Die alten Vorstände sind auch die neuen Chefs. Sie haben aber das Recht verloren, das Unternehmen eigenverantwortlich zu lenken. Der Vorstand muss auf die Interessen der Gesellschafter achten – der „Pearl AquiCo“. Außerdem gibt es einen Beherrschungsvertrag, in dem die GBW die Leitung ihrer Gesellschaft der „Pearl AquiCo Eins“ unterstellt.
Daran sind aber zumindest die drei Chefs selbst beteiligt: Claus Lehner, Stefan de Greiff und Matthias Steinhauer sind Geschäftsführer der „Blitz 13-308“. Die „Blitz 13-309“ gehört wiederum zur PAI. Wer führt die GBW nun?
Auf Anfrage heißt es dazu von der GBW: „Das operative Geschäft wird von der GBW eigenständig geführt.“ Ob das Unternehmen auch strategisch noch unabhängig ist, bleibt unklar. Auf die Frage, ob es einen Ansprechpartner bei der „PearlAquiCo“ gebe, schreibt die GBW: „Nein.“
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