Die Arbeit macht krank: Erzieher im Warnstreik

MÜNCHEN - Birgit Hammer-Sommer ist seit 31 Jahren Erzieherin. Weil die Arbeit krank machen kann und auch die materielle Wertschätzung fehlt, wird sie wie viele Kolleginnen am Mittwoch streiken.
Erzieherinnen gehen oft in die Knie, um mit den Kindern auf Augenhöhe zu kommunizieren. Sie lieben ihre Arbeit. Doch sie stoßen dabei auch an ihre psychischen und physischen Grenzen. Denn zum Berufsbild gehört auch schweres Tragen, Lärm, mangelnde Anerkennung: Birgit Hammer-Sommer kennt das.
Sie ist seit 31 Jahren Erzieherin. Weil es so nicht mehr weitergeht, wird die Leiterin einer Kinderkrippe wie viele andere Kolleginnen am Mittwoch streiken. Viele Eltern werden sich deshalb für Mittwoch eine andere Betreuung suchen müssen.
Es wird gestreikt, weil sich die Arbeitgeber weigern zu verhandeln
Hammer-Sommer folgt dem Ruf der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Die fordert einen Tarifvertrag zur betrieblichen Gesundheitsförderung, um die Belastung der Beschäftigten zu verringern. Vorgesehen ist etwa eine individuelle Gefährdungsbeurteilung des Beschäftigten am Arbeitsplatz.
„Hat jemand zum Beispiel ein Rückenleiden, soll schweres Tragen oder Heben vermieden werden.“ Lenkt der Arbeitgeber nicht ein, könnte eine Betriebs-Kommission bindend über Gesundheitsmaßnahmen entscheiden. Weil sich die Arbeitgeber weigern, darüber zu verhandeln, wird gestreikt.
6500 Münchner Beschäftigte der Sozial- und Erziehungsberufe im öffentlichen Dienst sind zu dem ganztägigen Warnstreik aufgerufen. Wie viele der etwa 2900 städtischen Kinderkrippen-, 16800 Kindergarten- und 11510 Hort- und Tagesheimplätze von dem Streik betroffen sind, ist noch unklar.
Stress, Lärm und geringe Wertschätzung gehören zum Berufsbild
Stefan Sass, Mitglied des Gesamtpersonalrats der Beschäftigen im öffentlichen Dienst München, rechnet damit, dass etwa ein Drittel aller Kinderbetreuungseinrichtungen geschlossen bleiben. Die Eltern wurden schon vor dem 1. Mai informiert und müssen jetzt Organisationstalent beweisen.
Zu den gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommt die psychische Belastung durch Lärm und Stress. Auch die geringe materielle Wertschätzung wird beklagt. „Viele Erzieher müssen einen zweiten Job annehmen, um zu überleben. Wir müssen auch über eine neue Entgeltordnung verhandeln.“ Ob nach Mittwoch längerfristige Streiks folgen sollen, werden die Beschäftigten bis 14. Mai in einer Urabstimmung entscheiden.
dur