Diabetes-Forschung in München: Hoffnung auf Heilung
MÜNCHEN - Diabetes ist längst eine Volkskrankheit: In München arbeiten Forscher deshalb mit Hochdruck an einer neuen Therapie. Die Idee ist faszinierend - doch bis zur wirksamen Behandlung wird noch viel Arbeit nötig sein. Die AZ erklärt die Hoffnung der Experten.
Die visionäre Idee der Forscher ist bestechend: Gelingt es den Medizinern, aus körpereigenen Stammzellen eine Insulin-produzierende Betazelle der Bauchspeicheldrüse zu entwickeln, könnte die Volkskrankheit „Zucker“ endlich heilbar werden. „Es ist wirklich eine faszinierende Hoffnung im Kampf gegen Diabetes“, sagt Professor Jochen Seißler. Der Leiter des Diabetes-Zentrums des LMU-Klinikums am Standort Innenstadt und sein Team forschen derzeit mit Hochdruck an einer neuen Stammzell-Therapie. Aber für eine vorschnelle „Euphorie“ sei es leider noch zu früh: „Es wird noch viele Jahre dauern, bis Patienten in den Genuss einer solchen Behandlung kommen können.“
Es gibt bereits erste Erfolge
Erste Erfolge haben die Münchner Forscher aber bereits erzielt: „Wir arbeiten derzeit mit adulten Stammzellen aus dem Bereich der Haarwurzel und der Bauchspeicheldrüse selbst. Es gelingt uns bereits, diese Zellen in einer Kultur anzuzüchten und im großen Maßstab zu vermehren“, sagt Seißler.
Es wird noch viele Jahre dauern
Nur der zweite Schritt, die Entwicklung zu ausgereiften Insulin-produzierenden Zellen, funktioniert im Moment noch nicht richtig. „Wir sind aber gerade dabei, mehrere Signalmoleküle zu identifizieren, die den Zellen dafür den Befehl geben“, erklärt Seißler. In den USA ist das Kollegen mit embryonalen Stammzellen bereits gelungen. Doch bis zu einer wirksamen Therapie werden in beiden Fällen noch viele Jahre mit intensiven Forschungsarbeiten nötig sein.
Dramatischer Anstieg der Patienten-Zahlen
Allein im Großraum München sind über 100 000 Menschen zuckerkrank. In Deutschland gibt es bereits mindestens sieben Millionen Diabetiker. Mit stark ansteigender Tendenz: 300 000 erkranken jährlich neu. Medizinisch wird zwischen Diabetes Typ 1 und Typ 2 unterschieden. Die Mehrheit leidet unter Typ 2-Diabetes und gerade hier steigen die Patienten-Zahlen weltweit dramatisch an. Heute erkranken schon Kinder und Jugendliche am sogenannten "Alterszucker" (Typ-2-Diabetes).
Die neue Therapie könnte alle Probleme lösen
Eine erfolgreiche Transplantation von Insulin-produzierenden Zellen könnte in Zukunft alle Probleme der bisherigen Behandlung lösen: Denn trotz Insulintherapie haben viele Typ-2-Diabetiker einen ständig schwankenden Blutzucker – zwischen extrem hohen und sehr niedrigen Werten: Dadurch kommt es zu Nierenschäden, Blindheit und Herz-Kreislauferkrankungen.
Die Ursachen: falsche Ernährung, Bewegungsmangel und Übergewicht
Beim Typ 2-Diabetes führen falsche Ernährung, Bewegungsmangel und Übergewicht dazu, dass Insulin entweder nicht mehr genügend gebildet wird, oder aber die Zellen nicht mehr richtig darauf reagieren. Denn ohne ausreichend Insulin können die Körperzellen die Glukose als lebenswichtige Energieversorgung der Organe und Muskeln nicht mehr richtig nutzen - die Glukose bleibt im Blut und schädigt dort die Gefäßwände. Bei Typ 1-Diabetes werden die Insulin-produzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse dagegen vom Körper in Form einer Autoimmunerkrankung selbst zerstört.
Eine zweite Option für Typ-1-Patienten
Die Münchner Forscher arbeiten deshalb noch an einer zweiten Option: Gemeinsam mit dem Genzentrum der LMU wird im Versuchsstadium an der Transplantation Insulin-bildender Zellen aus der Bauchspeicheldrüse „transgener“ Schweine gearbeitet. Da die Zahl menschlicher Spenderorgane für eine Transplantation der Bauchspeicheldrüse knapp ist, könnte diese Therapie für Typ-1-Patienten irgendwann einmal die Hoffnung auf Heilung bedeuten.
Alles unter einem Dach: das Diabetes-Zentrum der LMU
Im Diabetes-Zentrum der LMU finden Patienten alles unter einem Dach: Von der Diagnose über die neueste, individuelle Therapie bis zur Patientenschulung zu richtiger Ernährung und dem Umgang mit Insulinpumpen. Infos und Anmeldung unter der Nummer 089/51 60 - 21 68 oder -23 12. Für Kinder und Jugendliche bis 21 Jahren gibt es eine eigenen Diabetes-Ambulanz am Dr. von Haunerschen Kinderspital.
Michael Backmund