Freibad-Öffnungszeiten sorgen bei Badebesuchern für Ärger
Echte Freibadbesucher werden es kennen: ein tiefer Atemzug, dann der erste Schritt ins kühle Wasser – im Hintergrund das Zwitschern der Vögel, ein leichter Wind auf der nassen Haut, das Becken bis auf ein paar wenige Schwimmer leer. Wenn man sich auch bei weniger sonnigem Wetter ins Bad traut, hat man nämlich meistens freie Bahn.
In einigen Münchner Freibädern hat sich das nun geändert, denn die Stadtwerke München (SWM) haben die Schlechtwetterregelung angepasst. Bei unter 20 Grad Celsius bleiben das Freibad West, das Dante-Freibad, das Michaeli-Freibad, das Ungererbad und das Naturbad Maria Einsiedel geschlossen. Sehr zum Ärgernis einiger wetterfester Freibadgänger.
Neue Öffnungszeiten einiger Freibäder: Münchner fühlt sich von neuer Regelung betroffen
Stefan Appenowitz (56) ist einer von ihnen. "Ich gehe etwa zweimal bis dreimal die Woche schwimmen", erzählt er – im Sommer im Freibad West in der Weinbergerstraße 11 in Pasing. Mit dem Fahrrad brauche er nur zehn Minuten dorthin. "Ich sehe mich als Hobbyschwimmer, aber ich schwimme viel und gerne", sagt er.
Genau aus diesem Grund fühlt er sich von der aktuellen Regelung betroffen: "Was mich ärgert, ist, dass die Schwimmer in Mithaftung genommen werden. Man kann zwar kein Freibad nur für Schwimmer aufmachen – das wäre unwirtschaftlich, das verstehe ich – aber manche Entscheidungen sind für mich nicht nachvollziehbar."
SWM prüfen zweimal wöchentlich den Wetterbericht
Besonders stört Stefan Appenowitz dabei die Festlegung einer Temperaturgrenze von 20 Grad. Das empfinde er als "extrem". "Ich gehe auch bei 15 bis 18 Grad schwimmen, selbst heftiger Regen macht mir nichts aus", sagt er.
Jeden Montag und Donnerstag prüfen die SWM den Wetterbericht des Bayerischen Rundfunks. Auf dieser Grundlage legen sie fest, welche Freibäder in den kommenden Tagen geöffnet sind und informieren die Münchner auf ihrer Website unter www.swm.de und mit Aushängen vor den Bädern.
Schwimmer wünscht sich "kundenfreundlichere Regelung"
Stefan Appenowitz meint dazu: "Der Wetterbericht vom BR weicht oft von der Vorhersage von Seiten wie zum Beispiel wetter.de ab. Außerdem fühlt sich die Temperatur bei Sonnenschein oft deutlich wärmer an, als es der Bericht angibt." Der Hobbyschwimmer wünscht sich deshalb, dass sich die SWM bei der Festlegung der Öffnungszeiten nicht nur von einem Wetterbericht abhängig machen, sondern eine "kundenfreundlichere Regelung finden, wie beispielsweise bei 18 oder 19 Grad trotzdem zu öffnen, wenn es sonnig ist".
Eines stört Stefan Appenowitz aber besonders an der Änderung. Und das ist nicht die Regelung selbst. "Mein größtes Problem ist die Kommunikation. Es wird nicht gut genug erklärt, warum bestimmte Entscheidungen getroffen werden. Wenn man sagen würde, ,uns fehlt Personal’ oder ,wir müssen wirtschaftlich denken’, dann wäre das verständlich. Aber so lassen sie uns einfach ratlos zurück."
SWM müssen der Aufsichtspflicht nachkommen – auch bei schlechterem Wetter
Mit dem Personalmangel und der Wirtschaftlichkeit hatte der 56-Jährige den richtigen Riecher. Die SWM nennen auf Anfrage der AZ "bereits eingeschränkte Personalressourcen."

Sie schreiben: "Wenn ein Bad geöffnet hat, müssen wir – egal welches Wetter gerade herrscht – unserer Aufsichtspflicht nachkommen und Personal im Bad bereitstellen." Und: "Angesichts einer nach wie vor herausfordernden wirtschaftlichen Lage ist es für die SWM leider nicht möglich, allen Wünschen der Badegäste zu entsprechen."
Auf ihrer Website nennen die Stadtwerke diese konkreten Gründe nicht. Auf Nachfrage versichern sie jedoch, dass ihre "Badegäste regelmäßig auf Nachfrage" von den Mitarbeitenden über die Hintergründe informiert würden. Dazu heißt es: "Das kann persönlich vor Ort sein, über Social Media oder auch über Kund*innenanfragen an unser M-Bäderpostfach."
Badegast: "Regelung nicht wirklich sinnvoll"
Dennoch fühlt sich noch ein weiterer Freibadgänger nicht ausreichend informiert. Volker Schaardt (66) besucht regelmäßig das Dante-Freibad. Für ihn sei einerseits die Kommunikation seitens der SWM ein Thema: "Ich habe über Dritte von den Änderungen erfahren." Zum anderen scheint ihm die "Regelung nicht wirklich sinnvoll". "Wenn es 20 Grad hat und es bedeckt ist, oder 19 Grad mit Sonne, dann frage ich mich, wie man da eine klare Grenze ziehen kann."
Da auch er vorerst nicht über die Gründe für die neue Schlechtwetterregelung informiert war, blieb ihm nur zu vermuten: "Ich glaube, dass der Personalmangel ein Hauptgrund für die unregelmäßigen Öffnungszeiten ist." Damit hat er recht. Leider lässt sich ein Personalmangel meist nicht so schnell beheben.
M-Bäder: "Erwirtschaften jedes Jahr ein großes Defizit"
Volker Schaardt hat sich Gedanken gemacht, wie die hart gesottenen Freibadfans trotzdem nicht zu kurz kommen: "Eine mögliche Lösung wäre, dass weniger Personal eingesetzt wird, wenn der Publikumsverkehr nicht so groß ist. Wenn die SWM beispielsweise eine Person für ein paar Stunden am Tag zur Beaufsichtigung einsetzt." Auch er wünscht sich also einen flexibleren Umgang. Das scheint jedoch für die SWM nicht drin zu sein.
Sie schreiben: "Die M-Bäder können bei den gültigen moderaten und sozialverträglich gestalteten Eintrittspreisen nicht kostendeckend betrieben werden und erwirtschaften jedes Jahr ein großes Defizit, das die SWM tragen müssen." Zusammengefasst: Damit sich die Öffnung der fünf besagten Freibäder rechnet, müssen mehr als nur ein paar wetterfeste Schwimmer das Bad besuchen.
Nachfrage an kühleren Tagen sehr gering
Doch warum wurden gerade 20 Grad als Grenzwert festgelegt? Hierbei berufen sich die SWM auf ihre Erfahrungswerte: "Die Auswertung der Auslastung in den vergangenen Jahren hat gezeigt, dass die Nachfrage in den Freibädern an Schlechtwettertagen oder an Tagen mit kühleren Temperaturen (das sind unserer Erfahrung nach bereits Tage unter 20 Grad), sehr gering ist."
Die Stadtwerke München weisen auch darauf hin, dass auch bei kühlerem Wetter drei Freibäder den ganzen Tag über geöffnet bleiben: Das Schyrenbad, das Prinzregentenbad und das Naturbad Georgenschwaige – Letzteres wird am 2. Juni neu eröffnet.
Kommunikation sorgt für Frust
Außerdem heben die SWM hervor, dass der Stadionbereich im Dantebad bis 23 Uhr nutzbar ist und es Frühschwimmer-Angebote im Schyrenbad (Montag bis Freitag ab 7 Uhr) und im Prinzregentenbad (Dienstag und Donnerstag ab 7 Uhr) gibt – "und das bei jedem Wetter". Ihrer Meinung nach sei das ein "bedarfsgerechtes Angebot".
Auch wenn Stefan Appenowitz und Volker Schaardt die Argumente der SWM nachvollziehen können, scheint am Ende die Kommunikation für Frust zu sorgen. Nun müssen sie sich wohl mit den Alternativen zufriedengeben und ein Stückerl weiterfahren zu Schyrenbad und Co. Oder sie weichen auf einen Hallenbadbesuch aus – was allerdings den Verzicht auf frische Luft und Vogelgezwitscher bedeutet.