Der Run auf die alten Radl
124 herrenlose Räder werden im Hof des Fundbüros versteigert – 600 Bieter rangeln sich darum. Kaputte Drahtesel gibt’s schon für 40 Euro, das teuerste Fahrrad bringt sogar 380 Euro ein.
MÜNCHEN Die Szenerie erinnert an ein Rockkonzert: Bühne, Absperrgitter und dahinter hunderte dichtgedrängte Menschen. Fast 600 Personen sind am Mittwoch in einen Sendlinger Hinterhof gekommen. Sie alle hoffen, bei der Fahrradversteigerung des Münchner Fundbüros ein Schnäppchen zu machen. 124 Räder unterm Hammer. Der größte Teil wurde von der Polizei auf der Straße eingesammelt.
Sechs Monate lang werden sie im Fundbüro aufbewahrt, wenn sich bis dahin kein Besitzer findet, werden sie versteigert. Und zwar in dem Zustand, in dem sie gefunden werden. Repariert wird nichts. Die Mitarbeiter des Fundbüros erstellen lediglich eine Liste der offensichtlichen Mängel. Diese werden bei der Versteigerung kurz vorgelesen.
Um kurz nach neun geht es los: „Unser erstes Objekt heute ist ein schwarzes Damenrad mit Fünf-Gang-Schaltung ohne erkennbare Mängel“, sagt Sabine Eisenhauer, die die Versteigerung leitet. Und schon schnellen die Hände in die Höhe. Nach wenigen Minuten wechselt das Rad für 145 Euro den Besitzer. „Ein fulminanter Start“, sagt Eisenhauer. Das Publikum lacht.
Es geht rasant weiter. Ein klappriger Drahtesel, bei dem die Kette fehlt, wird noch für 40 Euro ersteigert. Als für ein anderes Rad, trotz sichtbarer Macken, über 70 Euro geboten werden, merkt Eisenhauer an: „Ich erinnere daran, dass dieses Fahrrad erhebliche Mängel hat!“ Doch die Bieter lassen sich nicht stören, der Preis steigt weiter. Auch dieses „Schnäppchen“ geht schließlich weg.
Nach etwa zwei Stunden ist das Spektakel vorbei. Das teuerste Rad des Tages kam für 380 Euro unter den Hammer, das billigste – ein kleiner Haufen Schrott, mit dem wohl nur Bastler noch etwas anfangen können, kostete nur einen Euro. Im Schnitt wurden etwa 65 Euro bezahlt.
„Oft wird mehr geboten, als die Fahrräder eigentlich wert sind“, sagt ein Mitarbeiter des Fundbüros. „Viele sind ja nicht einmal fahrtüchtig und wir geben keinerlei Garantie auf die Räder.“
Den Münchnern sollte das recht sein: Die Einnahmen aus der Versteigerung fließen in den allgemeinen Stadthaushalt. Rund 7900 Euro waren’s diesmal.
Alexander Neumann
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