Der Justiz gehen die Wachtmeister aus
München Wer als Richter am Strafjustizzentrum in diesen Tagen einen Prozess zu führen hat, muss mit zwei Problem kämpfen. Zum einen die große Hitze, die die Prozessbeteiligten gehörig ins Schwitzen bringt. Zum anderen fehlt das Personal, um inhaftierte Angeklagte vorzuführen.
Für die Hitze gibt’s ein probates Gegenmittel: Die Richter reagieren immer öfter mit der Aufhebung der Robenpflicht. Das Wachtmeister-Problem ist dagegen schwieriger in den Griff zu kriegen. Jeden Tag kommt es zu großen Verzögerungen, die Geld und Nerven kosten. Ein Beispiel: Richter Philipp Stoll musste am Mittwoch den Prozess gegen drei Einbrecher mit zweistündiger Verspätung beginnen. Der Grund: Zu wenig Wachtmeister. Stoll war „not amused“.
Zuständig für Personalfragen ist das Amtsgericht. Auf Anfrage erklärte Sprecherin Monika Andreß: „Derzeit findet eine Fülle von Prozessen mit höchsten Sicherheitsvorkehrungen (u.a. NSU, kroatischer Geheimdienstmord, die Red.) statt. Es kann vereinzelt zu Engpässen und damit verbundenen Verzögerungen kommen. Dennoch werden die Prozesse wie geplant durchgeführt.“
Es müssen aber Prioritäten gesetzt werden. Andreß: „Gerade vor der Urlaubszeit werden vor allem Haftsachen vorrangig verhandelt, insbesondere die Fälle, in denen es möglicherweise auch zu einer Freilassung kommen kann.“
Der Landesvorsitzende der Bayerischen Justiz-Gewerkschaft Hans-Joachim Freytag legt den Finger auf die Wunde: „Wachtmeister werden mit A4 eingestellt. Das sind 2087 Euro brutto. Davon kann man in München kaum leben.“ Resultat: „Es knarzt an allen Ecken und Enden.“ Vor allem in den Ballungsräumen Nürnberg und München ist es für die Justiz schwierig, Personal zu finden.
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Not macht erfinderisch. Richter Gilbert Wolf wollte den Schreiber dieser Zeilen augenzwinkernd zwangsrekrutieren, um am Freitag einen Räuber in den Gerichtssaal zu bringen. Zur allgemeinen Erleichterung fand sich dann aber doch noch ein kompetenterer Wachtmeister.
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