Der Albtraum einer jungen Frau
MÜNCHEN Es ist eher ungewöhnlich, dass sich ein Anklagevertreter direkt an einen Zeugen wendet, aber keine Frage stellt. Aber Staatsanwältin Rebecca Hupke musste diesmal etwas loswerden: „Ich bewundere ihren Mut.“ Hupkes Hochachtung gilt einer jungen Frau, die im Juni 2012 von Marius C. (28) in ihrer Wohnung überfallen, niedergeschlagen und zum Sex gezwungen werden sollte. Der Täter, der danach noch zwei Mal in München auf ähnliche Weise zuschlug, muss sich derzeit vor dem Landgericht wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchter Vergewaltigung verantworten.
Die 22-jährige Arzthelferin war am 24. Juni 2012 an einer Freiburger Straßenbahnhaltestelle von Marius C. entdeckt worden. Der Bauarbeiter folgte ihr unbemerkt zu ihrer Wohnung und klingelte. „Help!“ und „Please, water!“, sagte er auf Englisch. Die ahnungslose junge Frau holte ihm Wasser. Als die 22-Jährige zurückkam, schlug ihr der Mann unvermittelt mit der Faust mehrmals gegen den Kopf. Die Arzthelferin ging zu Boden, er trat nach ihrem Kopf, schlug weiter auf sie ein.
„Warum dieser Hass, diese Gewalt“, will die Staatsanwältin gestern wissen. Doch Marius C. besteht darauf, das er keinen Hass auf sein Opfer verspürt habe.
Auch der Angeklagte nutzt die Gelegenheit gestern, um sich noch einmal an sein Opfer zu wenden. „Ich weiß, sie werden mir nie verzeihen, aber ich will mich noch einmal entschuldigen für das was ich Ihnen angetan habe.“
Doch seine Entschuldigung geht ins Leere: „Ich finde es unglaublich, dass er mich so hasste“, sagt die junge Frau. Sie habe lange Angst gehabt, dass sie noch einmal angegriffen wird, weil der Täter vielleicht in der Nachbarschaft wohne.
Der 28-Jährige hatte sie damals in der Küche zu Boden gedrückt und gewürgt. Dann entblößte er laut Anklage seinen Penis, wollte Oralverkehr.
Doch der Frau gelang es, sich mit einem Griff in seinen Unterleib zu befreien. Sie sprang aus dem Fenster im Erdgeschoss und lief schreiend zu den Nachbarn.
Die körperlichen Wunden sind verheilt, die psychischen Folgen aber dramatisch: „Ich kann keine Nacht durchschlafen.“ Das Freiburger Opfer ist in Therapie, wird auch über zwei Jahre nach der Tat jede Nacht vom gleichen Albtraum geplagt. „Manchmal mehrmals in der Nacht.“
Die Staatsanwältin versichert ihr noch einmal, dass sie keine Fehler gemacht habe. Im Gegenteil. Aufgrund ihrer Täterbeschreibung mit dem Leberfleck sei es der Polizei gelungen, ihren Fall mit zwei weiteren Vergewaltigungen in München in Verbindung zu bringen.
Die Aussage der beiden Münchner Opfer steht noch aus. Ein Urteil soll am 17. Oktober ergehen.
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