Demjanjuk-Verteidiger: Der Ausweis ist gefälscht
MÜNCHEN - Sie zweifeln fünf Punkte an dem Beweisstück an: Echt oder falsch? Diese Frage beschäftigte das Münchner Landgericht im Prozess gegen den mutmaßlichen Kriegsverbrecher John Demjanjuk (90) erneut.
Wie berichtet, hat der Urkunden-Sachverständige Anton Dallmayer (65) vom Bayerischen Landeskriminalamt (LKA) den „SS-Dienstausweis Nr. 1393“ von Iwan Demjanjuk, der sich nach der Einreise in die USA John nannte, für authentisch erklärt. Er ist das zentrale Beweisstück dafür, dass der Angeklagte im Zweiten Weltkrieg im KZ-Vernichtungslager Sobibor Beihilfe zum Mord 27900 Juden geleistet haben soll.
Verteidiger Günther Maull und Ulrich Busch haben ihre Zweifel: „Die SS-Dienstausweise, mit denen der Ausweis von Demjanjuk verglichen wurde, sehen anders aus.“
Sie kritisieren: Unter dem Namen „Demjanjuk, Iwan“ ist die Linie unter dem Vornamen gestrichelt. Bei den Vergleichsdokumenten ist die Linie ganz durchgezogen. Also könnte jemand etwas wegradiert haben und den Strich mit einer Schreibmaschine nachgezogen haben.
Neben der Unterschrift des Ausweisausstellers Streibel schimmert ein „k“ durch. Die Folgerung: Da könnte „Trawniki“ gestanden haben. Das wurde später wegradiert und durch die Unterschrift „Streibel“ ersetzt. Der Ausweis dokumentierte vielleicht nur, dass Demjanjuk als Trawniki ausgebildet wurde. So nannte man gefangene Ukrainer, die im polnischen Trawniki zu KZ-Hilfswächtern ausgebildet wurden. Es gebe also Zweifel, ob Demjanjuk je in Sobibor gewesen ist.
In der Zeitung „Molod Ukrainy“ vom April 1986 ist ein „SS-Dienstausweis“ von Demjanjuk abgebildet, der völlig anders aussieht. Das Gericht nahm dieses Dokument zu den Akten. Ob es den neuem Beweis der Verteidigung nachgehen wird, soll später entschieden werden.
Dazu LKA-Gutachter Dallmayer: „Da könnte theoretisch alles Mögliche gestanden sein.“ Dies war auch nicht Gegenstand seiner Untersuchung. Er hat den Ausweis von Demjanjuk mit anderen „SS-Dienstausweisen“, die echt sind und aus den USA stammen, verglichen. Die Schriften stimmen überein.
Dubios ist auch die Herkunft des SS-Ausweises. Der KGB hat ihn während des Kalten Kriegs den Israelis zugespielt. In Israel wurde er nicht als Beweismittel zugelassen. Maull meinte, dass dieser Ausweis „uns noch lange beschäftigen“ werde: „Gutachter aus den USA werden dazu gehört.“ Torsten Huber
- Themen:
- Landgericht München