Demjanjuk-Prozess: Todeslisten und schreckliche Details
MÜNCHEN - Es sind schreckliche Details, die im Gerichtssaal im Langericht München II beim Demjanjuk-Prozess zu hören sind. Der Angeklagte schweigt weiterhin, die Nebenkläger sollen heute als Zeugen aussagen.
Es ist der zweite Tag im Demjanjuk-Prozess. Die Anklage wird verlesen, darin wird Demjanjuk beschuldigt, denn er "war als Wachmann da und zwingend daran beteiligt. Er floh nicht, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte." Seine Aufgabe sei es gewesen, "Juden zu entladen, zu entkleiden und in die Gaskammer zu treiben." Er nahm bereitwillig an der Tötung teil und täuschte die Gefangenen, indem er die Gaskammer als Dusche ausgab.
Während des Prozesses wird den Anwesenden im Gerichtssaal die Grausamkeit im KZ Sobibor noch einmal deutlich gemacht. Die Gaskammern waren vier Meter auf vier Meter groß. Das Schreien, Weinen und Klopfen haben die Aufseher von draußen gehört.
Richter fragt Demjanjuk, ob er etwas sagen möchte. Doch der 89-Jährige schweigt und zeigt keine Reaktion. Er lässt seinen Anwalt Ulrich Busch sprechen: "Herr Demjanjuk macht von seinem Recht zu schweigen, Gebrauch."
Richter Alt verliest die erste Liste der Todesopfer mit der Ankunft in Sobibor am 2.4.1943. Sie umfasst 1263 Namen. Es sind Daten, die das ganze Grauen dokumentieren. Hinter jeder Zahl stehen Schicksale, die auch die Gerichtsbesucher berühren. Bei vielen der Namen ist das Datum der Ankunft auch gleichzeitig das Todesdatum, ein Mädchen namens Rita steht auf der Liste. Sie wurde nur sieben Monate alt.
Noch bevor alle Namen auf der Liste vorgelesen werden, zeigt Demjanjuk eine Regung und hebt die Hand. Ein Arzt eilt zu ihm. Die Verhandlung wird unterbrochen.
Es sind die Nebenkläger, die heute im Mittelpunkt stehen und teilweise als Zeugen heute angehört werden sollen. So wie Mary Richheimer, die ihre Eltern und Großeltern in Sobibor verlor: "Es ist schwierig das anzuhören, aber es ist wichtig. Deshalb bin ich zufrieden."
"Es ist eine Show der Scham", meint Michael Jacobs, der auch als Nebenkläger auftritt. So wie er sind die meisten Angehörigen der Meinung, Demjanjuk simuliere und wolle Zeit schinden. Jacobs ist wütend, er verlor seine Großeltern in Sobibor : "Demjanjuk hat das Leben meines Vaters zerstört. Wir schulden ihm nichts, er schuldet uns alles."
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