Dave Kaufmann: "Mein Dad wird immer bei mir sein"

Der Schauspieler Günther Kaufmann († 64) ist auf dem Nordfriedhof in München beigesetzt worden. Hier spricht sein Sohn Dave über den Abschied vom Vater.  
von  Armin Lissfeld

Der Schauspieler Günther Kaufmann († 64) ist auf dem Nordfriedhof in München beigesetzt worden. Hier spricht sein Sohn Dave über den Abschied vom Vater, das Testament – und seinen Groll auf Jesus

AZ: Herr Kaufmann, warum haben Sie Ihren Vater erst fünf Wochen nach seinem Tod zu Grabe getragen?
DAVE KAUFMANN: Weil ich vorher weder emotional noch körperlich dazu in der Lage war. Ich bin vier Tage nach seinem Tod so schlimm von einem Hund gebissen worden, dass ich operiert werden musste und unter Fieberschmerzen litt. Hinzu kam dieses lähmende Gefühl der Trauer, was mich in eine Art Ohnmacht versetzte – da bin ich nach Mallorca geflüchtet und habe dort wie ein angeschossener Wolf meine Wunden geleckt.

Wie haben Sie ihn verabschiedet?
Wir haben seine Urne in unserem Familiengrab auf dem Nordfriedhof beigesetzt. In einem kleinen Kreis von 15 Freunden und Angehörigen - allesamt Menschen, die ihm am Herzen lagen. Ein Pfarrer erzählte aus seinem Leben, und wir spielten Songs von Chris Rea, „Josephine”, und seinem geliebten Dean Martin: „Memories are made of this.” Ich bin sicher, es hätte meinem Dad gefallen.

Warum in so kleinem Kreis?
Sein Leben war turbulent genug, so dass wir ihm wenigstens einen ruhigen und würdevollen Abgang bescheren wollen. Außerdem haben wir ihn Zeit unseres Lebens mit so vielen Menschen teilen müssen, das wir ihn wenigstens zum Schluss allein für uns wollten.

Angst vor dem, was jetzt kommt?
Nein, denn mein Dad wird immer bei mir sein. Da wo ich bin, wird er sein und das was ich sehe, wird er sehen. Papi wird Zeuge sein, wie ich in seine Fußstapfen trete. Das ist mir ein Ansporn, das Leben wieder vernünftig und fröhlich zu genießen und endlich meinen Groll zu vergessen.

Welchen Groll?
Gegen Jesus. Ich war stinksauer, dass er ihn so früh und überraschend geholt hat.

Wissen Sie um den Gemütszustand Ihres Vaters zum Zeitpunkt des Ablebens?
Er war, wie so oft, getrieben von seiner inneren Unruhe. Hin- und hergerissen zwischen Glückseligkeit und Depression. Vor allem seine gescheiterte vierte Ehe machte ihm zu schaffen, wo er doch so gerne mal angekommen wäre im Leben.

Hat er Ihnen etwas hinterlassen?
Kann ich nicht sagen, das Testament ist noch nicht offengelegt.

Und sein emotionales Vermächtnis?
Biss und Ehrgeiz. Kämpfen, kämpfen, kämpfen. Es gibt nur gut oder schlecht.

Das Chuck Norris-Mantra...
...weil wir so aufgewachsen sind. Wir mussten uns beide durch eine harte Kindheit durchbeißen. Da ging's um Austeilen oder Einstecken. Mein Vater hatte seinerzeit sehr unter seiner Hautfarbe zu leiden. Wahrscheinlich der Grund, warum er sich im späteren Leben stets erlaubt hat, so viel Raum einzunehmen.

Ihre schönste Erinnerung?
Unsere euphorischen Telefonate und sein Humor am Rande des Wahnsinns.

Ihr Vater saß wegen eines Tötungsdelikts im Gefängnis, nachdem er ein offenbar falsches Geständnis abgelegt hatte...
...um seine krebskranke Frau Alexandra zu schützen. Das zeugt von seinem Charakter. Welcher normale Mensch macht so was schon? Ich habe das bis heute nicht verstanden. Und zum Dank betrügt ihn die Frau dann auch noch und ich stehe ohnmächtig daneben. Das macht mich heute noch traurig und wütend, weil er das nicht verdient hat.

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