Das Kraxlkollektiv: Boulder-Bauer mit Auszeichnung
München - Warum gibt es das nicht in München, war die Frage, die sich Max Gemsjäger sofort gestellt hat, als er durch einen Artikel von kostenlos zugänglichen Boulderwänden und -blöcken im Freien erfahren hat. Bei einem Besuch seines Bruders im Auslandssemester waren sie selbst mal an so einer öffentlichen Wand klettern. Daraufhin beschließt der 28-Jährige Architekt, dass München sowas auch braucht. "Als Student ging es mir selbst so, dass mir der Eintritt in die Halle zu teuer war", sagt Gemsjäger.
Kraxlkollektiv: 20 Ehrenamtliche Boulder-Freunde
Am Telefon hat er eine nüchterne Stimme, trotzdem klingt er wie ein Praktiker, der Dinge gern selbst anpackt. Im Pandemie-Sommer 2020 hat er in seinem Bekanntenkreis und bei Vereinen herum gefragt, wer Lust hat, bei seiner Idee mitzumachen. "Jetzt sind es an die 20 Ehrenamtliche, die regelmäßig beim Entwerfen, Bauen, Schrauben und Warten helfen", sagt Gemsjäger.
Inzwischen können Kinder, Jugendliche, und boulderfreudige Erwachsene an zwei frei zugänglichen Wänden im Freien kostenlos bouldern. Einmal in Obersendling, beim Jugendzentrum Sugar Mountain und nach einer Zwischenstation auf der Theresienwiese in diesem Frühjahr seit Juli unter der Brücke am Candidplatz (AZ berichtete). Am Sonntag durfte Maximilian Gemsjäger nun nach Koblenz reisen, um eine Auszeichnung für das ehrenamtliche Engagement entgegenzunehmen.
Das Kraxlkollektiv bekam vom Deutschen Alpenverein (DAV) den Ehrenamtspreis verliehen. Das Präsidium des DAV begründete seine Entscheidung mit dem inklusiven Charakter ihres Projektes. Es sei ein "überaus niedrigschwelliges Projekt", das niemanden ausschließe.
DAV: Ein "bilderbuchhaftes Beispiel"
"Ein fast schon bilderbuchhaftes Beispiel", lobte Melanie Grimm vom DAV-Präsidium. Die jungen Ehrenamtlichen würden dort ansetzen, wo Städte und Kommunen wegen finanzieller Zwänge immer weiter einsparen müssten. Es ist ein symbolischer Preis, ohne Preisgeld, aber bei der Vielzahl ehrenamtlicher Projekte im Bereich Klettern, Wandern und Bergsport schon etwas besonderes. Das Kraxlkollektiv hat sich 2021 der DAV Sektion München Oberland angeschlossen, um mehr finanzielle Unterstützung akquirieren zu können.
Junge Erwachsene wie Maximilian Gemsjäger, die noch Zeit und Interesse an einem Ehrenamt haben, sind selten. Vom Bundesfamilienministerium heißt es, von den 18- bis 25-Jährigen seien heute knapp 49 Prozent ehrenamtlich engagiert.
Doch Maximilian Gemsjäger ist keiner, der hin und wieder an einem Trachtenumzug teilnimmt oder einmal im Jahr Kröten über die Straße trägt. Während der Bauphase der beiden Boulder-Stellen hat er zwei Tage die Woche Vollzeit für das Projekt gearbeitet. Jetzt, schätzt er, seien es noch um die vier Stunden in der Woche. Warum er das macht, statt seine Karriere anzuschieben oder seine Freizeit zu genießen?
Es ist ihm ein Anliegen. Die Stadt soll für junge Menschen attraktiver werden. Und er will, dass der niedrigschwellige Sport Bouldern bekannter wird, auch bei Jugendlichen, deren Eltern sich keinen Vereinssport leisten können.
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