"Das ist eine Frechheit": Neue Initiative schürt in München Furcht vor Hochhäusern

München - Dunkle Hochhausklötze als Skyline der Stadt – das ist die Zukunftsvision, die die Bürgerinitiative Hochhaus Stop über ihre neue Homepage verbreitet: eine Alptraumvision von München als Wolkenkratzer-Metropole. Die virtuellen Hochhäuser sind wie Bausteine in das bekannte Stadtpanorama hineingeklebt.
"Das ist eine Angstkampagne. Fern jeder Realität, hirnrissig. Traurig, dass man zu solchen Mitteln greifen muss", kommentiert Stadträtin Anna Hanusch (Grüne) die Simulationen. Die Expertin für Städtebau ist Sprecherin ihrer Fraktion im Planungsausschuss der Stadt.
"Wehret den Anfängen": Initiative will Hochhäuser in München verhindern
Hochhaus-Gegner und CSU-Politiker Robert Brannekämper und Ex-Stadtrat Wolfgang Czisch haben diese Kampagne jetzt gestartet. Denn schon seit mehr als 20 Monaten sammelt ihre Bürgerinitiative Hochhaus Stop Unterschriften für einen Bürgerentscheid. Die beiden Vorkämpfer des Vereins möchten konkret die geplanten 155-Meter-Türme an der Paketposthalle verhindern. "Der Bau der Zwillingstower von Ralf Büschl wäre ein Dammbruch. Darauf würden sich alle Investoren stützen und mit Dollarzeichen in den Augen ins Rathaus stürzen", fürchtet etwa Robert Brannekämper.

Innerhalb von fast zwei Jahren haben sie jedoch nur 27.000 der erforderlichen 33.000 Unterschriften für einen Bürgerentscheid gegen die Zwilllings-Türme in Neuhausen zusammenbekommen. Darum wollen die Aktivisten ihren Unterstützerkreis jetzt auf Münchner aus den verschiedensten Stadtvierteln ausweiten.
Bislang hatten sich die beiden Hochhaus-Gegner auf das Problem der Verbauung der Sichtachse in Nymphenburg fokussiert. Nun möchten sie nach dem Motto "Wehret den Anfängen" die Augen dafür öffnen, wie die Stadt von morgen aussehen könnte, wenn man den Bau von Hochhäusern über 99 Meter zulässt. "60 Meter sind genug", findet Wolfgang Czisch.
Wird München zur Wolkenkratzer-Metropole?
Die aktuelle Hochhaus-Studie des Stadtrats zeigt Gebiete, in denen unter bestimmten Umständen in Zukunft das ein oder andere Hochhaus gebaut werden könnte. Die Karte nutzt die Initiative Hochhaus Stop nun für eine Offensive gegen "München als Wolkenkratzer-Metropole".

Die Visualisierung dichtet dem Stadtteil Freimann im Norden mehr als 20 Türme an, die 150 Meter hoch sind. Ein Architekt soll die möglichen Hochhäuser von der Höhe "maßstabsgetreu" in die Stadtlandschaft eingefügt haben. Den Namen des Architekten geben aber weder Robert Brannekämper noch Wolfgang Czisch preis auf der Pressekonferenz am Dienstag – auch nicht auf wiederholte Nachfrage. Die Initiative hat eine Werbe-Broschüre gedruckt, um den "Hochhaus-Irrsinn zu stoppen", um "das Klima zu schützen und unser liebens- und lebenswertes München mit Augenmaß weiterzuentwickeln", so der Text.
Stadträtin Anna Hanusch hat sich die Website der Bürgerinitiative genau angeschaut. Sie ärgert sich über die dreiste Panikmache mittels Visualisierung: "Dieses Panorama ist eine Frechheit. Das geht gegen unseren Beschluss, einen riesigen Teil der Stadt frei von Hochhäusern zu halten. Auf den markierten Flächen können vielleicht die ein oder anderen höheren Häuser gebaut werden, aber niemals die dargestellte Masse. Aber davor steht ein komplexer Prozess der Abwägung bei jedem einzelnen Projekt", erklärt sie.
Das Thema Hochhäuser in München bleibt parteiübergreifend eine Geschmackssache
Die neue Hochhaustopp-Kampagne hält sie für "populistisch". Wegen der "Verzerrung und Verfremdung", bei der Abstandsflächen zwischen Gebäuden ignoriert würden. Nach dem Motto: "Ich stelle die Zone vogelwild mit Bauklötzen voll", so Hanusch. Mit der Hochhaus-Studie der Stadt habe das Szenario der Hochhaus-Gegner nichts zu tun. Auch die Karte auf der Website www.hochhausstop.de sei nicht korrekt.

Dass München definitiv nie aussehen wird, wie auf den Simulationen der Hochhaus-Gegner, dafür steht Manuel Pretzl, Vorsitzender der CSU-Fraktion im Stadtrat: "So viele Hochhäuser sind nicht realistisch. Der Stadtrat entscheidet über jedes einzelne." Das Thema Hochhäuser in München sei übrigens eine Geschmacksache – quer durch die Parteien.