Das Böse auf Boarisch: Die fiese Frau Jedermann

Zum 50. Jubiläum zeigt die Münchner Volkssängerbühne ein echtes Theater-Schmankerl: Der Geizhals aus dem Klassiker von Hugo von Hofmannsthal ist in Gut Nederling eine Frau.
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„Jedermann“ auf die Bühne im Gut Nederling
Gregor Feindt „Jedermann“ auf die Bühne im Gut Nederling

GUT NEDERLING - Zum 50. Jubiläum zeigt die Münchner Volkssängerbühne ein echtes Theater-Schmankerl: Der Geizhals aus dem Klassiker von Hugo von Hofmannsthal ist in Gut Nederling eine Frau.

„Jeder hod sei Kreiz zum trogn“, mit dem Kopf deutet die Frau zum Kruzifix. „Nur weil des meinige aus Goid is, hoast des ned, dass des leichter zum trong is.“ In einen roten Brokatmantel gehüllt steht die keifende Gutsherrin da. Zum 50-jährigem Jubiläum bringt die Münchner Volkssänger-Bühne Hofmannsthals Klassiker „Jedermann“ auf die Bühne im Gut Nederling – natürlich in bairischer Mundart.

Das Stück vom reichen Geizhals Jedermann, der erst im Angesicht des Todes seine Sünden bereut und mit reinem Gewissen vor das Gottesgericht treten kann, ist hier in die bayerische Lebensart übersetzt. Aus dem Geizhals Jedermann wird bei den Volkssängern die Jedermann, eine Frau, aus der noch der letzte Funken Gutes gewichen ist. „Sie ist eine Frau, die hart arbeiten musste für ihren Reichtum, dadurch ist sie hart geworden“, erzählt Bärbel Beier, die die Jedermann spielt. „Als ihr dämmert, dass der Weg aus Gier und Raffsucht sie ins Verderben führt, dreht sie völlig durch.“

Die Idee für die weibliche Hauptrolle stammt von Roland Beier. Wie schon in den letzten Jahre, hat der Volkssänger-Vorsitzende das Stück bearbeitet und zusammen mit Nicole Schmidt Regie geführt. Er spielt den Leibhaftigen und erzählt, was ihn am Jedermann so fasziniert. „So kurz vor dem Tod aufs Leben zurückschauen, das kann nicht jeder.“ Er verzieht seine Teufelsfratze zu einem diabolischen Grinsen und fügt hinzu: „Könnten sich die Leute auf ihren Tod vorbereiten, dann gäb’s schließlich nicht so viele geschmacklose Sterbekarterl.“

Schaurig-Makabres und Komödienhaftes gehen in dem Stück gut zusammen. Man merkt, dass der Ursprung der Volkssänger im barock-morbiden Wien liegt, wo seit jeher Schmäh mit dem Tod getrieben wird. Das passt auch gut ins München 2010.

„Die Auftritte der Volkssänger, das war das Fernsehen von damals“, erzählt Beier. „In den Wirtshäusern haben einfache Leute die Theaterstücke nachgespielt, aber es ging lustiger und derber zu als im Theater der Adeligen.“ Diese herzhafte und erfrischend respektlose Art haben sich die Münchner Volkssänger bewahrt.

Es steckt sehr viel Liebe zum Detail in der Produktion, die bis zum 6. Februar jedes Wochenende aufgeführt wird. Zum Beispiel die quirlige OP-Schwester Anna di Buono, die oft bis spät in die Nacht an dem weiten, granatroten Mantel nähte, der – von verschiedenen Figuren getragen – im Stück die verführerische Macht verkörpert.

Denn das Böse ist bei den Volkssängern nicht nur eine Frau, es ist – Jedermann. Johanna Jauernig

Zu sehen ist das Stück vom

16. Januar bis zum 6. Februar jeden Freitag und Samstag in Gut Nederling, Nederlinger Straße 78, Einlass: 18 Uhr, Beginn 20 Uhr, Karten 13,50 Euro unter Tel.25004823, Tel.0176-83263165

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