Danubia aus München: Wie gefährlich ist die Burschenschaft? "Who is Who der extremen Rechten"

Die Aktivitas der Studentenverbindung Danubia wird seit langem vom Verfassungsschutz beobachtet, Beobachter der Szene in München stellen eine zunehmende Vernetzung rechter Kräfte fest.
Guido Verstegen
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Die Burschenschaftler der rechtsextremen Studentenverbindung Danubia erwarteten die Demonstranten am Sonntag mit Banner und Deutschlandfahne.
Die Burschenschaftler der rechtsextremen Studentenverbindung Danubia erwarteten die Demonstranten am Sonntag mit Banner und Deutschlandfahne. © Sigi Müller

München - Viel ist in den vergangenen Tagen von der Münchner Burschenschaft Danubia gesprochen worden: Die Gruppierung wird dem rechtsextremen Spektrum zugeordnet, die sogenannte Aktivitas, das ist der studierende Teil, wird zudem vom Bayerischen Verfassungsschutz beobachtet. Aber wie gefährlich ist diese schlagende Verbindung eigentlich, was steckt dahinter?

Burschenschaft Danubia verhöhnt Demonstranten: "Viel Feind, viel Ehr!"

Nach der aus Sicherheitsgründen vorzeitig beendeten Münchner Großdemo gegen Rechts machten sich am Sonntag knapp 100 Protestierende auf den Weg zum Danubia-Quartier, die Polizei sperrte das Gebiet ab. Dort direkt am Haus in der Potsdamer Straße 1a in Schwabing hätte die Route des Demonstrationszuges vorbeiführen sollen, doch der Marsch wurde angesichts der rund 100.000 Teilnehmer abgesagt.

Aida München: "Danubia ist eine zentrale Institution der Rechten in München"

Die Burschenschaftler erwarteten die Demonstranten offenbar bereits und hatten ein großes Banner mit der vielsagenden Botschaft "Viel Feind, viel Ehr!" gespannt, einige saßen auf dem Vordach und beobachteten das Treiben.

Zuvor waren aus dem Inneren des Hauses rassistische Parolen nach draußen gedrungen, Beobachter der Antifaschistischen Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München (Aida) sahen nach eigenen Angaben rund 15 der Identitären Bewegung zuzuordnende Menschen ins Haus gehen. Die Identitäre Bewegung ist eine vor rund elf Jahren auch in Deutschland entstandene Gruppierung neu-rechter und rechtsextremer Aktivisten. 

Bayerisches Landesamt für Verfassungsschutz: Darum geht es bei "extremistischen Bestrebungen"

"In der etwa zehn Personen umfassenden Aktivitas der Burschenschaft engagieren sich weiterhin einzelne Personen, die Beziehungen zur rechtsextremistischen Szene unterhalten oder in der Vergangenheit unterhalten haben", heißt es im Verfassungsschutzbericht 2022 aus dem Bayerischen Staatsministerium des Innern, Sport und Integration.

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Robert Andreasch vom Verein Aida nennt das "eine Verharmlosung der Situation", dort gäben sich rechte Aktivisten ständig die Klinke in die Hand. "Da ist jede Woche was los", sagte er im Gespräch mit der AZ, er sieht in der Burschenschaft Danubia eine "zentrale Institution der Rechten in München" und einen "Ableger der Identitären Bewegung". 

Danubia und die Identitäre Bewegung: "Besondere Nähe zu Beobachtungsobjekten"

Das bestätigte auch das Bayerisches Landesamt für Verfassungsschutz auf AZ-Anfrage: "Extremistische Bestrebungen zielen darauf ab, durch ihre Agitation Kernelemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. In Zusammenhang mit der Aktivitas liegen seit vielen Jahren Erkenntnisse über rechtsextremistische Bestrebungen bzw. über Verbindungen zu anderen Gruppierungen in der rechtsextremistischen Szene vor. In den letzten Jahren ist eine besondere Nähe zu Beobachtungsobjekten wie der Identitären Bewegung festzustellen."

Dies habe sich beispielsweise im vergangenen Jahr auch bei einer Aktion der rechtsextremistischen Identitären Bewegung im Alten Botanischen Garten gezeigt, bei der ein Banner mit der Aufschrift "München verteidigen – Vergewaltiger abschieben" entrollt wurde, "mindestens drei Mitglieder der Aktivitas" seien beteiligt gewesen. 

Es gebe zudem persönliche Kontakte zu Mitgliedern der rechtsextremen und neonazistischen deutschen Kleinpartei "Dritter Weg", sagte Andreasch. Überhaupt gebe es keine klare Trennung mehr zwischen den rechtsextreme Ansichten vertretenden Gruppierungen, die Grenzen würden sich überlappen.

Sogenannte Remigration von Menschen mit Migrationshintergrund: AfD-Veranstaltung mit Danubia-Mitgliedern

So sprach Bayerns Verfassungsschutzpräsident Burkhard Körner im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk über Vernetzungstreffen von AfD und rechtsextremistischen Gruppen im Freistaat. Zwar sei das alles vom Umfang her nicht mit der vom Medienhaus "Correctiv" enthüllten Zusammenkunft rechter Aktivisten mit Politikern von AfD und CDU am 25. November 2023 in Potsdam zu vergleichen, aber Mitte Februar vergangenen Jahres habe beispielsweise die AfD eine Veranstaltung mit Mitgliedern der Identitären Bewegung und der Burschenschaft Danubia organisiert. Laut Körner wurden dort wie später in Potsdam Ideen zur sogenannten Remigration von Menschen mit Migrationshintergrund thematisiert.

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"Burschenschaften wie die Danubia dienen der AfD als Rekrutierungsorganisation"  

Auch Cemal Bozoglu, Sprecher der Landtags-Grünen für Strategien gegen Rechtsextremismus, beobachtet eine zunehmende Vernetzung rechter Kräfte. "Burschenschaften wie die Danubia dienen der AfD als Rekrutierungsorganisation", erklärte er der AZ.  

Erst im Dezember 2023 hatte die Antwort auf eine Anfrage seiner Landtagsfraktion die offen rechtsextreme Ausrichtung der Burschenschaft "Teutonia Prag" in Würzburg unterstrichen. Dort ist auch der AfD-Landtagsabgeordnete Daniel Halemba Mitglied, gegen den die Staatsanwaltschaft Würzburg wegen Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen ermittelt.

Grünen-Politiker Cemal Bozoglu: "Es ist glasklar, wessen Geistes Kind Daniel Halemba ist"

Die Teutonia Prag agiere als wichtige Schnittstelle zwischen verschiedenen Spektren der extremen Rechten in Unterfranken, darunter rechte Burschenschaften, wie die Frankonia Erlangen, Identitäre Bewegung, Junge Alternative und insbesondere auch die Neonazi-Partei "Der Dritte Weg", heißt es. Den Angaben zufolge wurde in ihren Räumlichkeiten "ein umfangreiches, straßenkampftaugliches Waffenarsenal gefunden".

Der Grünen-Politiker Cemal Bozoglu sitzt seit 2018 im Bayerischen Landtag und ist Sprecher für Strategien gegen Rechtsextremismus seiner Fraktion.
Der Grünen-Politiker Cemal Bozoglu sitzt seit 2018 im Bayerischen Landtag und ist Sprecher für Strategien gegen Rechtsextremismus seiner Fraktion. © Grüne Bayern

"Die Belege sind erdrückend, es gibt keinen Zweifel. Die Burschenschaft Teutonia Prag sympathisiert mit dem Nationalsozialismus und ist zudem offen gewaltbereit. Wer Mitglied dieser Burschenschaft ist, teilt auch ihre militante Gesinnung. Es ist glasklar, wessen Geistes Kind Daniel Halemba ist", wird Bozoglu in einer Mitteilung der Grünen-Fraktion zitiert.

Danubia-Veranstaltungen: Referenten aus dem rechtsextremistischen Bereich

Der Verfassungsschutz beobachtet die Teutonia erst seit November 2023. Die Aktivitas der Erlanger Burschenschaft Frankonia hat das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz seit 2015 im Visier, und die Aktivitas der Münchner Burschenschaft Danubia ist laut einer Antwort auf eine Bozoglu-Anfrage im Februar 2020 bereits seit 2001 Beobachtungsobjekt des BayLfV. Die Gruppe der Studenten agiere "revisionistisch" und nationalistisch im "völkischen Sinne".

Aida-Einschätzung: "Bei der Danubia verkehrt das Who is Who der extremen Rechten"

Bei Danubia-Veranstaltungen treten "seit Jahren auch Referenten aus dem rechtsextremistischen Bereich auf", berichtet der Verfassungsschutz weiter. Unter anderem kündigte man demnach im November 2019 einen Vortrag mit dem Referenten Thor von Waldstein an und nannte ihn "einen bedeutenden Denker der Neuen Rechten". Im Juli 2018 besuchten Mitglieder der Aktivitas im Rahmen einer "Jungburschenfahrt ins Elsass" die kurz darauf durch den französischen Staat verbotene rechtsextreme Gruppierung "Bastion Social". 

Lina Dahm engagiert sich bei der Antifaschistischen Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München und sieht die Burschenschaft Danubia "als Teil eines bundesweites, ja international tätigen Netzwerkes". Sie sagte der AZ: "Die Danubia ist ein Knotenpunkt der Vernetzung, dort verkehrt das Who is Who der extremen Rechten – dabei ist der Einfluss der sogenannten Alten Herren nicht zu unterschätzen."

AfD-Politiker Alexander Wolf: Prominenter "Alter Herr" der Danubia 

Letztgenannte bleiben über Jahrzehnte hinweg der Verbindung erhalten, arbeiten oft in verantwortungsvollen Positionen und halten dem Danubia-Nachwuchs fleißig die Steigbügel, wenn er jobtechnisch vorankommen will. "Unsere Alten Herren stehen den Aktiven aber nicht nur mit Rat und Tat zur Seite, sie finanzieren auch unsere burschenschaftliche Arbeit und ermöglichen den Aktiven ein preisgünstiges Wohnen (sic!) auf unserem Haus", heißt es auf der Danubia-Website.

Ein prominenter "Alter Herr" ist der AfD-Politiker Alexander Wolf: Seit 2015 ist er Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft, von 2019 bis 2022 war der stellvertretende Vorsitzende der AfD Hamburg sogar Mitglied im AfD-Bundesvorstand. Der gebürtige Leipziger machte 1987 am Ludwigsgymnasium in München Abitur und wurde dann zwei Jahre später während seines Studiums an der Ludwig-Maximilians-Universität Danubia-Mitglied – was lange niemand wusste.

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Erst 2015 berichtete das "Hamburger Abendblatt" über Wolfs Vergangenheit. Mit dem Ende seines Studiums 1994 sei der zu den "Alten Herren" gewechselt. Ein Austritt kommt für den heute 56-Jährigen offensichtlich nicht infrage. "Eine Burschenschaft ist wie eine Familie, da müssen die Älteren auf die Jüngeren aufpassen", wird Wolf von der Zeitung zitiert.

Schlagende Verbindung: "Mit der Mensur sinkt die Hemmschwelle zur Gewaltanwendung"

In den Augen von Lina Dahm werden bei der Danubia junge Männer in einer autoritären Form der Erziehung sozusagen "zweitsozialisiert". Als sogenannte "Füchse", als Neueinsteiger, nähmen sie es klaglos hin, als Fußabtreter benutzt zu werden, wohl wissend, dass sie selbst später andere als Fußabtreter benutzen: "Mit der Mensur sinkt auch die Hemmschwelle zur Gewaltanwendung", ordnete Dahm die bei einer solchen schlagenden Verbindung üblichen Säbeln-Duelle ein, bei denen es häufig zu schweren Verletzungen und sichtbaren Narben kommt.

Als "völlig schamlos" empfindet Dahm den Umgang der Verbindung mit öffentlichen Vorwürfen: "Im Gegensatz zu anderen Burschenschaften macht die Danubia keinen Hehl daraus, extrem rechts zu sein." Und: "Als Akademiker steht einem Mitglied der Weg in einflussreiche Positionen grundsätzlich offen und so besteht die Möglichkeit, dass sie in Bereichen wie Politik, Wirtschaft oder Justiz Einfluss auf die Gesellschaft nehmen."  

Münchner Burschenschaft Danubia: Problematischer Demokratie-Begriff 

Burschenschaften sind immer Männerbünde, und die im Dachverband "Burschenschaft" organisierten Burschenschaften vertreten laut Dahm einen volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff. So können beispielsweise also österreichische Studenten durchaus aufgenommen werden, weil sie aus Sicht des Verbandes Teil der Volksgemeinschaft sind."

Problematisch ist für Dahm auch der Demokratie-Begriff, auf den sich die Burschenschaft beruft: "Das ist nämlich ein republikanischer, der sich nicht weiterentwickelt hat und mit einer Vielfalt fördernden liberalen Demokratie nichts zu tun hat." So machten sich schon in der Gründungsphase reichlich deutschtümelnd-völkische und antisemitische Einstellungen breit. Der als geistiger Ziehvater der Burschenschaften geltende "Turnvater" Friedrich Ludwig Jahn vertrat rassistische Positionen, ließ in seinen Turnvereinen keine Juden zu. 

Danubia: "Wir verteidigen die akademische Freiheit auch gegen autoritäre Innenminister"

"Hervorgegangen aus den Befreiungskriegen und gegründet als aktiver Teil der bürgerlichen Revolution im Jahre 1848 sind die akademische Freiheit und das Bekenntnis zu unserem Volk Grundwerte, die wir verteidigen. Dies heißt für uns vor allem auch, unsere Positionen nach außen zu vertreten und sie gegen sich wandelnde Zeitgeist-Strömungen zu behaupten", schreibt die Verbindung auf ihrer Webseite. 

Man verteidige die akademische Freiheit auch "gegen autoritäre Innenminister" und "politische Kräfte, die sie zu unterminieren versuchen". Danubia beruft sich auf die Grundsätze "Ehre, Freiheit, Vaterland" der 1815 bei Jena gegründeten Urburschenschaft: "Aufrecht zeigen wir seit 1848 Einsatz für unser Vaterland."

Alemannia, Stauffia, Cimbria: Münchner Burschenschaften mit "nicht weniger problematischen Positionen"

Lina Dahm warnte im Gespräch mit der AZ allerdings auch vor den anderen Münchner Burschenschaften Alemannia in Schwabing, Stauffia in der Altstadt und Cimbria in Bogenhausen: "Die Gruppierungen sind sehr umtriebig und vertreten nicht weniger problematische Positionen wie die Danubia."

Die Großdemo am vergangenen Sonntag stimmt sie zuversichtlich, dass sich die Gesellschaft zunehmend gegen Rechts positioniert: "Das hat mir Mut gemacht und ist ein gutes, wichtiges Zeichen. Ich hoffe, das ist ein Signal für die Politik, sich nicht weiter von den Rechten vor sich her treiben zu lassen."

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  • Gelegenheitsleserin am 25.01.2024 17:06 Uhr / Bewertung:

    Über manche Kommentare hier muss ich mich schon wundern ...
    Es scheint tatsächlich Leute zu geben, die halten nationalsozialistisches Gedankengut für harmlos, weil es ja auf der anderen Seite die RAF gab.
    Da fehlt doch die Logik ...

  • coolman am 25.01.2024 14:09 Uhr / Bewertung:

    Sie sind die Speichellecker der Alten und kämen ohne diese Speichelleckerei nie an die Posten, die ihnen die Alten dann besorgen. Sie fühlen sich als Herrenrasse. Es ist einfach nur Widerlich.
    Ich habe meine Führungsposition durch Fleiß erreicht. In unserem Unternehmen geht es demokratisch zu. Da braucht niemand Speichel zu lecken oder mit den Hacken zu knallen. So geht Freiheit. Zwanglos. Ehrlich.

  • Wuschel_NUE am 25.01.2024 13:50 Uhr / Bewertung:

    @AZ: wie kann man hier Troll-Kommentatoren blockieren? Bei Ihren lokalen Mitbewerbern ist das mit zwei Mausklicks möglich!

    Schon bei Karl Valentin hieß es: "Ich bin doch nicht verpflichtet, mir Ihr saudummes Geschwätz anzuhören!"

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