Damenhandtaschen: Zwischen Altar und Mülleimer
Kosmetik, Kondome, Kinderfotos: Handtaschen-Inhalte verraten viel über die eigene Persönlichkeit – sagt Kulturwissenschaftlerin Margarete Meggle-Freund, dies es wissen muss: Im Handtaschenbüro des Münchner Fundamtes hat sie mit Besitzern über Tascheninhalte gesprochen und diese Ergebnisse in einer Studie zusammengetragen.
AZ: Kann man Handtaschen bestimmten Persönlichkeiten zuordnen?
MARGARETE MEGGLE-FREUND: Ich würde Taschen eher nach ihrer Funktion unterteilen: Transport- und Berufstaschen, repräsentative und kreative Taschen. Je nach Rolle der Frau hat die Tasche unterschiedliche Funktionen. Sie kann Finanzzentrum, Schönheitskoffer oder Komfortzone sein, oder sogar eine Art Altar, ein spirituelles Zentrum. Für manche ist die Tasche auch nur ein Mülleimer.
Was verrät die Handtasche über den Lebensstil?
Man kann an der Tasche einiges ablesen. Eine Frau hat vor mir ihre Rocktasche umgestülpt, darin waren nur ein Taschentuch und einige lose Münzen. Ihre alte Handtasche stand für ihr früheres Berufsleben, ihr eingesperrtes Dasein im Büro. Dann hat sie ihr Leben völlig geändert und damit auch ihre Taschen-Gewohnheiten. Ich habe auch eine Frau getroffen, die hatte eine Art Überlebenspaket und für jede Lebenslage etwas bei sich. Die war ausgesprochen praktisch und hatte ganz viele kleine Hilfsmittel und Werkzeuge dabei.
Wollen Frauen eine Art Schatz mit sich herumtragen?
Die Handtasche ist ganz klar ein geschützter Bereich und ein Tabu. Sie ist aber gleichzeitig ein Zwischenbereich. Sie steht zwischen dem Zuhause und dem Äußeren, zwischen dem Privaten und der Berufsrolle. Die Ordnung in diesem Bereich ist dabei etwas sehr Relatives. Was nach außen chaotisch aussieht, kann durchaus einer eigenen Ordnung des Menschen entsprechen.
Warum tragen eigentlich Männer keine Handtasche?
Bei den Herren hat sich die Handtasche nie richtig durchgesetzt. Von Männern wird seit der Französischen Revolution erwartet, dass sie sich zurückhaltend kleiden und sich nicht so stark über den Körper ausdrücken. Das gängige Klischee ist: Frauen haben viel Zeug dabei und Männer wenig. Außerdem unterstellt man immer, der Mann würde die Kondome mit sich herumtragen und die Frau Unmengen von Kosmetika. Die Realität sieht oft anders aus.