Cyber-Mobbing: Rufmord im Internet
Das akute Thema beschäftigt den Deutschen Juristentag im September in München. Die Teilnehmer setzen sich sich für einen besseren Schutz der Privatsphäre ein.
München - Als 20-Jähriger geriet Herrmann W. auf die schiefe Bahn: Er versuchte, eine Frau beim Verkauf seines Autos zu betrügen. Die Sache flog auf, W. wurde zu einer Geldstrafe verurteilt. Jahre später wurde die Eintragung im Bundeszentralregister gelöscht. Herrmann W. war wieder „sauber“. Bis der inzwischen 35-Jährige urplötzlich von seiner Vergangenheit eingeholt wurde.
Ein Kollege, mit dem er Streit hatte, veröffentlichte anonym die Fakten über den Betrugsfall im Internet. Die anstehende Beförderung hatte sich damit erledigt.
Fälle wie diesen gibt’s fast täglich. Und die Rechtsprechung tut sich schwer damit. Denn die Entwicklung bei den sozialen Netzwerken wie Facebook und Co. ist den Juristen quasi davongaloppiert. Deswegen wird „Persönlichkeits- und Datenschutz im Internet“ eines der Hauptthemen des 69. Deutschen Juristentags (DJT) sein, der vom 18. mit 21. September in München stattfindet.
„Gibt es auch im Internet ein Recht auf Vergessen?“, fragt Tagungsleiter Gerhard Zierl, im Hauptberuf Präsident des Amtsgerichts München. „Wie kann ein Bürger dieses Recht durchsetzen, wie sein Recht am eigenen Bild?“ Fragen, mit denen sich der DJT beschäftigen und zu denen es ein Mehrheits-Votum geben wird. Als deutlichen Hinweis an die Politik, zu diesem längst überfälligen Thema tätig zu werden.
Aber auch andere Aspekte des weltweiten Netzes beschäftigen die Juristen. Etwa das Verbraucherrecht, das Kleingedruckte bei Online-Einkäufen. „Die Widerrufsbelehrungen sind unverständlich“, kritisiert Juristentags-Sprecher Martin W. Huff. „Ich lese sie nicht und verstehe sie auch in manchen Formulierungen nicht mehr“, gibt Huff zu – und er ist Anwalt. „Vielleicht sind wir da auf dem Weg, etwas zu vereinfachen.“
Hauptthema Nummer drei für die die erwarteten 2500 bis 3000 Juristen ist die Bürgerbeteiligung bei öffentlichen Bauvorhaben. Das Reizwort lautet „Wutbürger“, die in Stuttgart erst reagierten, als längst alles beschlossen war.
Müssen also die Betroffenen schon sehr viel früher als bisher über geplante Projekte und ihre Folgen informiert werden? „Dazu wird es sicher heftige Diskussionen geben“, meint Huff. <WC1>„Da gibt es die Tendenz, die Vorschriften deutlich zu vereinfachen zu Gunsten der Bürger.
Der Juristentag ist auch ein gesellschaftliches Großereignis. Neben Empfängen durch OB Christian Ude und Ministerpräsident Horst Seehofer gibt es ein festliches Rahmenprogramm mit Besichtigungen und Konzerten. Derzeit noch ungeklärt ist, wer beim „Oktoberfestabend“ am Vortag der Wiesneröffnung im Hofbräuhaus anzapft. Justizministerin Sabine Leutheuser-Schnarrenberger will sich offenbar nicht durch Gespritze blamieren.
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