Cyber Cops: Der Fahnder, der ins Netz geht
Das LKA rüstet auf: Neun Quereinsteiger –Experten für Informatik, Technik und Wirtschaft – verstärken die Ermittler im Kampf gegen die Netz-Kriminalität. Die AZ erklärt die Cyber-Cops
München - Sie wurden sehnlichst erwartet. Sie sind Banker, Techniker, Informatiker – und jetzt beim Landeskriminalamt (LKA) an. Ihr Auftrag: Sie sollen als Spezialisten die Internet-Kriminalität besser in den Griff bekommen.
Diese Aufrüstung ist angesichts der stark gestiegenen Kriminalitätsraten auch notwendig. Laut LKA nahmen die Straftaten im Bereich Internetkriminalität 2011 im Vergleich zum Jahr davor um 20 Prozent zu. Der entstandene Schaden erhöhte sich von elf auf 29 Millionen Euro.
Alle Neune seien aus polizeifremden Berufen gewechselt und hätten ein Jahr eine verkürzte Polizeiausbildung durchlaufen, berichtet LKA-Präsident Peter Dathe.
Einer von den Neuen ist Hans Neumann. Ein Pseudonym. Seinen richtigen Namen will der 39-jährige Münchner nicht in der Zeitung lesen. „Wir brauchen die Anonymität für unsere Arbeit”, sagt er. Die AZ hat trotzdem Fragen.
Wen jagen diese Cyber-Cops? Gejagt werden Kinderporno-Ringe, Hacker, Extremisten, aber auch Kriminelle, die das Internet zu den verschiedensten Betrügereien nutzen. Beispiel „Fake-Shops”: Dort wird für Waren kassiert, aber nie geliefert.
Warum wird man Cyber-Cop? Aus moralischen Gründen, sagt ein Kollege von Hans Neumann. Und Neumanns Gründe? „Polizist zu werden, ist ein alter Traum von mir.” Das Geld spielte bei der Entscheidung keine Rolle. In der freien Wirtschaft ist dann doch mehr zu verdienen. Neumann machte nach dem Informatikstudium Online-Werbung, arbeitete als EDV-Fachmann in einem Verlagshaus. „Beim LKA zieht schon eher die Aussicht auf mehr Sicherheit”, sagt Neumann und lächelt. „Wegen der Familienplanung.”
Wie wird man Cyber-Cop? „Meine Frau hatte einen Bericht in der Zeitung gelesen, dass die Polizei Spezialisten sucht.” Hans Neumann bewarb sich – als einer von 400 Interessenten. Und setzte sich durch. In ganz Bayern durften 52 Kandidaten die neue Beamtenlaufbahn antreten, mussten dann ein Jahr die Polizistenarbeit lernen.
Was muss ein Cyber-Cop können und wissen? In der Oberpfalz wurden die rechtlichen Grundlagen der Polizeiarbeit gelernt. Aber die Netz-Ermittler sollen auch fern vom Schreibtisch eine gute Figur abgeben. Die angehenden Cyber-Cops lernten, wie sie mit der Schusswaffe umgehen, und bekamen ein körperliches Training. Ihren künftigen Platz im LKA haben sie bei einem Praktikum kennen gelernt.
Was tut ein Cyber-Cop? „Wir nutzen unsere Tools, um die realen Personen hinter den IP-Adressen der Internet-Kriminellen herauszufinden. Das ist schwierig, aber machbar.” Wenn es gelingt, folgt der Zugriff.
Was rät der Cyber-Cop? Ohne Anzeige können die Ermittler nicht tätig werden. Je schneller man zur Polizei geht, desto besser. Hans Neumann: „Eine Anzeige, die erst drei Wochen nach der Tat bei uns eingeht, erschwert die Arbeit, weil die Täter dann meist schon weitergezogen sind.”
Die neueste Masche: Schaden-Software im Anhang
Eines der Arbeitsfelder der neuen Cyber Cops: E-Mails mit Schadsoftware im Anhang. Seit einigen Wochen sind wieder tausende solcher Mails im Umlauf. Die E-Mails sind laut LKA beispielsweise als Bestellbestätigung, Telefonrechnung oder staatsanwaltschaftliches Schreiben getarnt. Im Text der E-Mail wird auf das zugehörige Schreiben im E-Mail Anhang verwiesen, welches nähere Informationen enthalten soll.
Bei den Anhängen handelt es sich um ZIP-Dateien, in denen sich jedoch nicht das versprochene Dokument, sondern die Schadsoftware befindet.
Tipp: Computer mit Anti-Viren-Programm schützen. Sicherheits-Updates installieren. Unbekannten Absendern misstrauen – und die Mails ungeöffnet löschen!
Wirtschafts-Kriminalität: 540 Millionen Euro Schaden im Jahre 2011
Das Internet wächst und mit ihm wachsen die Betrugs-Möglichkeiten für Kriminelle. Die vier Banker und BWL-Absolventen unter den neun neuen LKA-Ermittlern sollen vor allem im Bereich Geldwäsche, Vermögensabschöpfung und Korruptionsbekämpfung arbeiten.
Besonders der zunehmende Anlagebetrug bereitet den Ermittlern Sorge. Im Netz kursieren hochriskante Anlage-Angebote, erläuterte der LKA-Sachgebietsleiter Wilhelm Mussauer, bei denen der Anleger oft in die Röhre schaut.
10 655 Fälle von Wirtschaftskriminalität (Steigerungsrate bis 150 Prozent) wurden 2011 in Bayern registriert. Der Schaden: 540 Millionen Euro. Die neuen Ermittler sollen dabei helfen, dieses Geld sicherzustellen und den Opfern zurück zu geben.
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