Corona-Demo wird als "Gottesdienst" inszeniert

München - Mit roten Grablichtern und Kerzen in den Händen stehen sie da und lauschen dem früheren TV-Pfarrer Jürgen Fliege (73). Der ruft die Menschen, die am Sonntag auf die Theresienwiese gekommen sind, um gegen die Corona-Maßnahmen zu demonstrieren, auf, die Bayernhymne zu singen. Der Text zum Mitsingen erscheint auf einem riesigen Bildschirm über der Bühne.
Dann hält Fliege eine Predigt auf der Bühne, sagt Sätze wie: "Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer den totalen Sieg will, wird die totale Niederlage bekommen." Oder: "Lasset uns singen: Die Gedanken sind frei."
Rund 1.900 Teilnehmer auf der Theresienwiese
Die Veranstalter von "Querdenken 089" haben den Protest auf der Theresienwiese, der unter strengen Auflagen für maximal 1.000 Teilnehmer genehmigt worden war, als freikirchlichen Gottesdienst inszeniert. Und sich somit im Recht gefühlt, keine Maske tragen zu müssen.

Die Polizei war mit 1.000 Beamten vor Ort. Doch die Beamten schritten nicht ein. "Die Rechtslage ist unklar", teilte ein Polizeisprecher nachmittags mit. "Wir befinden uns in einer rechtlichen Grauzone, ob das ein Gottesdienst ist oder nur ein vorgeschobener." Später kamen die Juristen des Innenministeriums zu dem Ergebnis: Es ist ein Gottesdienst. Damit fehlte der Polizei zunächst die juristische Grundlage, die Versammlung aufzulösen.
Als sich die Veranstaltung im weiteren Verlauf aber immer mehr zu einem Konzert entwickelte, wurde der Veranstalter von der Polizei entsprechend belehrt. Dieser zeigte sich allerdings nicht einsichtig, so dass die Veranstaltung schließlich um kurz vor 19 Uhr von der Polizei beendet wurde.
1.900 Menschen haben laut Polizei an dem Protest-Gottesdienst teilgenommen. Deutlich mehr, als ursprünglich erlaubt.