Coffee to go: Die Schaumschläger
MÜNCHEN - Ganz schön abgebrüht: Wer in einem Münchner Coffee-Shop einen Cappuccino bestellt, bekommt oft vor allem eins - viel heiße Luft
Luft kann ganz schön teuer sein: Vor allem, wenn sie aus Milchschaum besteht. Bis zu 1,92 Euro zahlen die Münchnern für das weiße Nichts auf ihrem Cappuccino. Das hat der große Coffee-to-go-Test der AZ ergeben.
Insgesamt haben wir in neun Läden in der Innenstadt einen Cappuccino gekauft. Den Schaum haben wir erst untergerührt, dann abgelöffelt. Danach wurde gemessen, wieviel Flüssigkeit in dem Becher ist – und wieviel insgesamt rein passt. Bei jedem Becher wurde ein guter Zentimeter Luft zum Rand gelassen, schließlich schenkt man nicht bis zur Kante ein.
Das Ergebnis: Das Volumen des Milchschaums variierte stark. Manche Becher waren schon beim Abholen im Laden so leicht, dass man sich fragt, ob überhaupt Kaffee drin ist. Der größte Schaumschläger aller Läden ist die vielleicht bekanntest Kaffee-Company der Welt: Starbucks. Fast die Hälfte des Bechers war mit Schaum gefüllt. Dafür zahlt der Verbraucher 3,90 Euro – 1,98 Euro für die Kaffee-Milch-Kombo und 1,92 Euro für den Schaum. Starbucks selbst wollte auf AZ-Nachfrage kein Statement dazu abgeben.
Auch World Coffee ist der Milchschaum einiges wert: 1,72 Euro zahlt hier der Kunde pro Becher für die Luft. Überraschend: Der mittlere und der große Becher enthalten gleich viel Flüssigkeit! Allerdings zahlt der Verbraucher für den großen Cappuccino mit 3,45Euro 40 Cent mehr als für den in einer mittleren Größe (3,05 Euro). Anders ausgedrückt: Für 40 Cent Aufpreis gibt es 100 Milliliter mehr Luft.
Ähnlich ist auch das Ergebnis beim Cappuccino von Segafredo, immerhin einer italienischen Firma: Wie bei World Coffee ist die Füllmenge der Bechergröße Medium und Large identisch – der Aufpreis von einem Euro beinhaltet nur Schaum.
Fluffig mag es auch der Laden Treeman’s: die Hälfte des Bechers ist mit Schaum gefüllt – vom Schaumanteil her ist die in München ansässige Firma Spitzenreiter. Zur AZ sagt Treeman’s-Besitzer Stephan Baumanns: „Das liegt an unserer Cappuccinorezeptur, bei der nur Espresso mit Milchschaum serviert wird.“ Heiße Milch sei in dem Getränk nicht enthalten, der Kunde wisse und schätze das. Immerhin: „Wenn jemand mehr Milch möchte, schenken wir gerne gratis nach.“
Das ist nett – hat aber mit einem original italienischem Cappuccino wenig zu tun. Die Kaffeeexperten von Illy, die in München die „Universita del Caffe della Germania“ betreiben, beschreiben das perfekte Mischverhältnis eines Cappuccinos so: ein Drittel Espresso, ein Drittel Milch und ein Drittel Milchschaum. Der Becher müsste demnach mindestens zu zwei Drittel mit einem Milch-Kaffee-Gemisch gefüllt sein. Immerhin war das bei der Mehrheit der getesteten Läden der Fall (siehe Link zur Tabelle).
Interessant wird es auch, wenn man den Preis pro 100 Milliliter vergleicht. Besonders teuer ist Segafredo mit 97 Cent. Am günstigsten sind die McDonalds-Marke McCafé (62 Cent), Starbucks (65 Cent) und Tchibo (72 Cent pro 100 Milliliter).
Laut dem deutsche Kaffeeverband haben im vergangenen Jahr deutschlandweit 100 neue Coffee-to-go-Läden eröffnet. Damit gibt es über 1650 Filialen in ganz Deutschland, 25 Prozent des gesamten Kaffeekonsums wird außer Haus betrieben. Es ist ein hart umkämpfter Markt. Der Verband teilt mit: „Kunden erkennen schlechte Qualität und strafen den Anbieter ab.“
Anne Kathrin Koophamel
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