Chance für Müller-Pächter

Der Insolvenzverwalter will ihnen bis Ende März die Pacht erlassen und Backwaren zum halben Preis liefern. Viele schlagen ein, aber Zweifel über die Zukunft der Kette bleiben.  
von  sun/bö
„Ein Tropfen auf den heißen Stein“: Oliver Deringer, der mit seiner Frau Dulni die Filiale in der Frans-Hals-Straße in Solln führt.
„Ein Tropfen auf den heißen Stein“: Oliver Deringer, der mit seiner Frau Dulni die Filiale in der Frans-Hals-Straße in Solln führt. © Gregor Feindt

Der Insolvenzverwalter will ihnen bis Ende März die Pacht erlassen und Backwaren zum halben Preis liefern. Viele schlagen ein, doch bleiben Zweifel, ob die Kette noch eine Zukunft hat.

München - „Liebe Kunden“, steht auf dem Schild im Schaufenster. „Wir verkaufen keine Produkte der Firma Müller Brot.“ Immer noch kämpfen die Pächter der Kette nach dem Hygiene-Skandal um ihr Überleben, immer wieder versichern sie ihren Kunden, dass Brot und Brezen nicht aus der geschlossenen Ekel-Bäckerei kommen. Jetzt macht ihnen der vorläufige Insolvenzverwalter finanzielle Zugeständnisse, um möglichst viele Standorte zu retten.

Bis Ende März müssen die Pächter nur noch die Hälfte des bisherigen Preises auf die Backwaren zahlen, die sie von Müller Brot bekommen. Die Ware wird von anderen Bäckereien gebacken – bei Müller darf immer noch nicht gearbeitet werden, nachdem die Behörden den Betrieb wegen der Verunreinigungen geschlossen haben. Außerdem bietet Insolvenzverwalter Hubert Ampferl den Pächtern an, dass sie entweder keine Pacht zahlen müssen oder ihnen die Raum- und Betriebskosten-pauschale erlassen wird. „Nur, wenn das Filialnetz erhalten bleibt, hat Müller-Brot eine Chance auf ein Überleben“, sagt Ampferl.

Eine spürbare Erleichterung – aber angesichts der gravierenden Einbußen der Pächter „nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, urteilt Oliver Deringer, der mit seiner Frau Dulni die Filiale in der Frans-Hals-Straße in Solln führt. Manche Pächter wurden nach der Stilllegung des Betriebs nicht mehr beliefert, haben deswegen und durch die Insolvenz bis zu 40000 Euro verloren – sie sind froh über die Hilfe vom Insolvenzverwalter, aber noch lange nicht über den Berg. Ihr Problem: Der Name Müller ist ramponiert und wird sich womöglich nicht mehr erholen. Immer noch scheuen viele Kunden nach den Berichten über Mäusekot und Kakerlaken den Gang in die Filialen – Umsatzeinbußen von bis zu 60 Prozent sind die Folge.

Eine Lösung wäre die Übernahme durch einen Investor, der der Kette einen neuen Namen verpasst und den Pächtern Verträge anbietet. Ob diese dann einschlagen „würde von den Konditionen abhängen“, sagt ein Pächter.

Mitte März will Ampferl die Produktion wieder aufnehmen. Zehn Firmen und etwa 50 Mitarbeiter von Müller-Brot seien zurzeit damit beschäftigt, die Anlagen wieder in einen hygienisch einwandfreien Zustand zu versetzen, heißt es. Ob sie es schaffen, werden letztendlich die Behörden entscheiden müssen.

 


Zu wenig Kontrolle, Vertuschung mit Methode - Grüne werfen der CSU vor: Unternehmer sind ihr wichtiger als die Verbraucher.

 

München - Bayerns Bürger sollen künftig genau wissen, wie’s um ihr täglich Brot steht: Die Grünen im Landtag wollen jetzt die 14 größten Kettenbäckereien genau unter die Lupe nehmen. Bei den Landratsämtern haben sie angefragt, welche Ergebnisse die Lebensmittelkontrollen bei den Großbetrieben in den vergangenen Jahren ergeben haben.

Nur zwei Prozent der Betriebe werden im Jahr überhaupt überprüft, kritisieren die Grünen. Dabei sei die Quote der Beanstandungen mit bis zu zehn Prozent sehr hoch.

Bei allen Lebensmittelskandalen seien Bürger überhaupt nicht oder zu spät informiert worden, wirft Grünen-Chefin Margarete Bause der bayerischen Staatsregierung vor. Sie vermutet hinter dem Vorgehen der Behörden: „Das System hat Methode.“ Die Interessen der Unternehmer stünden im Vordergrund.

Als Beweis dafür präsentierte sie eine Erklärung des ehemaligen Münchner CSU-Landtagsabgeordneten Heinrich Traublinger. Er ist Chef der Bäckerinnung und Inhaber einer Bäckereikette. Dem neuen Gesundheitsminister Marcel Huber hatte er zum Amtsantritt attestiert, er zeichne sich durch eine „besondere Sensibilität“ für die Probleme der Betriebe aus.

Bause: „Hier gibt’s ganz offensichtlich ein offenes Ohr für die Einflüsterungen der Lobby und ein geschlossenes Ohr für die Interessen der Verbraucher.“

Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit trägt jährlich im Landtag seinen Bericht vor. Bäckereien wurde 2011 nur ein kleiner verharmlosender Absatz gewidmet. Vorstöße der Grünen, Hygiene-Zustände in Lebensmittelbetrieben für die Bürger zu kennzeichnen, wurden abgelehnt. Anne Franke, Verbraucher-Expertin der Grünen: „Das ist halt Verbraucherschutz auf bayerisch.“

 

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