Bunte Bohnen in der Stadt: Münchner bauen unterschätzte Hülsenfrucht an
München - Können Sie aus dem Stegreif zehn Bohnensorten nennen? Kidneybohnen, grüne Bohnen, Butterbohnen, Soja- und vielleicht noch Cannellini-Bohnen kennen wohl viele. Aber dann wird es schwierig. Vorwerfen kann man das keinem, in unseren Supermärkten findet man kaum mehr als diese Sorten. Derweil ist die Welt der Bohnen vielfältig. Es gibt Hunderte verschiedene Sorten, die sich in Form, Größe, Farbe, Muster und Geschmack unterscheiden.
Die Welt der Bohnen ist bunt – Das Ökologische Bildungszentrum versucht diese Vielfalt zu fördern
Das Ökologische Bildungszentrum will mit ihrem Projekt "Bohnenvielfalt" die Diversität der Hülsenfrüchte erhalten. Dazu suchen sie Vermehrerinnen und Vermehrer. Andrea Bertele (62) ist eine der treibenden Kräfte hinter dem Gemeinschaftsprojekt. Vor 20 Jahren begann sie zusammen mit einigen anderen die Bohnenvermehrung.
"Ich war sofort fasziniert von der Vielfalt und Schönheit der Bohnenkerne", erzählt sie. Im Laufe der Zeit wurde ihr immer mehr bewusst, wie die genetische Vielfalt durch die Lebensmittelindustrie verloren geht.

Interessanterweise war sie selbst einst Teil dieser Industrie: "Ich habe Lebensmitteltechnologie studiert und in der Produktentwicklung großer Konzerne gearbeitet. Irgendwann war mir klar, dass das auf Dauer nicht mein Weg ist." "Ohne gutes Saatgut gibt es keine Lebensmittel"
Andrea Bertele sieht in dem Verlust genetischer Vielfalt in der Nahrung ein großes Problem: "Wir können auf vieles verzichten – auf Autos, auf Luxusartikel, auf teure Uhren. Aber Wasser und Lebensmittel sind die Grundlage unseres Lebens. Und ohne gutes Saatgut gibt es keine Lebensmittel."
Bohnenkerne sind nur wenige Jahre keimfähig, deshalb müssen sie vermehrt werden
Inzwischen haben Andrea Bertele und die Projektteilnehmer rund 170 Bohnensorten archiviert. Jedoch sind sie nur wenige Jahre keimfähig und müssen deshalb immer weiter vermehrt werden. Der Vorteil: Bohnen sind einfach anzubauen. "Man braucht keinen Garten, sondern kann sie auf der Terrasse oder dem Balkon pflanzen. In einem 10- oder 20-Liter-Topf geht das wunderbar. Und die Feuerbohne kann zum Beispiel auch als Sichtschutz dienen, weil sie so schön blüht", sagt Andrea Bertele.
Ein weiterer Vorteil der Bohne ist, sagt Bertele, dass sie schnellwüchsig ist. "Es ist faszinierend, zu sehen, wie aus einem kleinen Kern, wieder eine Pflanze wird. Das ist auch für Kinder eine tolle Erfahrung."

Dieser Meinung ist auch Natalie Friedrich (59). Sie ist seit 6 Jahren Lehrerin an der internationalen Montessorischule Campus di Monaco in Ramersdorf-Perlach. Gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern pflanzt sie neben dem Schulgebäude Bohnen aus dem Beteiligungsprojekt an. Sie sagt: "Man kann mit den Kindern super beobachten, wie die Pflanzen wachsen. Und das Ernteerlebnis am Ende des Schuljahres ist toll." Natalie Friedrich findet, dass die Kinder so einen Zugang zur Natur bekommen. Ein paar Kerne sollen sie zurück ins Archiv geben, den Rest können sie selbst verwenden, etwa für ihr Kochprojekt.
Bohnenpate: "Sonst können wir paar Hanseln das nicht richten"
Bohnen gelten als besonders gesundes Nahrungsmittel. Sie haben einen hohen Eiweißgehalt und enthalten Mineralstoffe wie Magnesium und Kalzium. Und sie sorgen sie wegen der vielen Ballaststoffe für eine gesunde Darmflora.

Der Münchner Radiologe Ernst Habersbrunner (61) ist seit Jahren Bohnenpate. In seinem Garten in Pasing pflanzt er besonders heikle Sorten aus dem Projekt an. Gerade ist er aus Mexiko zurück, dort hat er seinen Sohn im Auslandsjahr besucht. Von dort hat er sieben Bohnensorten mitgebracht, die er zusätzlich zu den Samen aus dem Vermehrungsprojekt anpflanzt. Er setzt sich leidenschaftlich für Artenschutz ein und ist der Meinung, dass der Spaß dabei nicht verloren gehen darf. Nur so könne man möglichst viele Menschen dafür begeistern. "Sonst können wir paar Hanseln das nicht richten", sagt der Münchner.
Tauschbörse im Ökologischen Bildungszentrum
Am 10. Mai findet im Ökologischen Bildungszentrum eine Pflanzentauschbörse statt. Dort werden auch Bohnenkerne ausgegeben. Andrea Bertele würde sich freuen, wenn sich noch mehr Münchner an dem Projekt beteiligen. Wer möchte, kann es auch erst einmal ausprobieren. Man erhält dann Samen einer nicht gefährdeten Sorte im Archiv und muss keine Kerne zurückgeben.
Weitere Informationen zur Tauschbörse gibt es hier.
- Themen:
- München