Verbindung voller Leben: Eine Straße, zwei Stadtviertel, viele Gesichter
Mein Spaziergang begann an der U-Bahnhaltestelle Kolumbusplatz, unweit dem Anfang der Humboldtstraße. Eigentlich ist das aber das Ende der Straße, benannt nach dem Naturforscher Alexander von Humboldt, denn der Anfang ist an der Wittelsbacherbrücke. So rolle ich sozusagen das Feld von hinten auf. Und bewege mich genau an der Grenze zur Au (stadtauswärts gesehen links) bzw. Untergiesing (stadtauswärts rechts).
Was man sagen kann: Eine sehr lebendige Straße. Sehr bunt, ziemlich laut, recht geschäftig, trotzdem sehr schön und nicht unspannend.
Zwischen Tanzschule und Thai-Massage
So gibt es hier beispielsweise einen Laden für Unikate aus München. Und kulinarisch ist ohnehin sehr viel geboten: Falafel Burger, „glückliches asiatisches Essen“ (oder wie übersetzt man Happy Food?), ein Dönerladen mit dem Namen „Echte Bärliner“ – und natürlich die Giasinga Schlümpfe. Glaubt man den vielen Aufklebern auf der Kneipe, gibt es in München nur einen Fußballverein.
Dazu: eine Tanzschule, eine Thai-Massage, einen Barbershop, eine Bar namens „Selfie“ – vielleicht endlich eine Heimat für alle, die sich pausenlos selbst fotografieren? – viele Cafés, Boutiquen usw. Es ist schier unmöglich, alles aufzuzählen, am besten einfach einmal selbst durch die Straße stromern.
Zwischen Aufklebern: Ein Gedicht von Brecht
Ich entdecke eine Sonnenuhr auf einer Hauswand. Gegenüber Balkone mit üppiger Blumenpracht. Es ist noch früh und entsprechend viele Menschen sind auf dem Weg zur Arbeit.
Und wir wären nicht in Giesing, wäre nicht alles voller Aufkleber. „Arm und hässlich“ steht auf einem, aber auch ein Gedicht von Bertolt Brecht ist auf einem Zettel angeheftet:
„Es war einmal ein Pferd,
das war nicht sehr viel wert.
Für das Rennen war es zu
dumm,
vor den Wagen gespannt,
fiel es um.
Da wurde es Politiker.
Es ist jetzt hoch, hoch geehrt.“
Wirklich eine sehr vielschichtige Straße.
Ich gehe weiter, setze mich kurz rechts vor der Wittelsbacherbrücke in die Frühlingsanlagen und genieße den Schatten und die vielen Wildblumen.
An der Brücke ist mein Spaziergang dann zu Ende.
In diesem Sinne eine schöne Woche
Ihr
Sigi Müller
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