Bürgerinteressen statt teure Karossen: Aufruf zur Radl-Demo gegen IAA

Ein breites Bündnis lädt am Samstag zum Protest gegen die IAA auf zwei Rädern ein. Es fordert eine zukunftsfähige Mobilität statt einer Luxus-Autoshow mitten in der Stadt.
von  Hüseyin Ince
Im Mai demonstrierten Tausende Radler für bessere Wege – nun formiert sich eine breite Front gegen die IAA in München. (Archivbild)
Im Mai demonstrierten Tausende Radler für bessere Wege – nun formiert sich eine breite Front gegen die IAA in München. (Archivbild) © dpa/Stefan Puchner

Eine Radlsternfahrt mit Protestmotto hat man in München schon öfters gesehen. Doch diesmal formt sich da eine breite Front von etwa einem Dutzend Organisationen gegen die Internationale Auto-Ausstellung mitten in der Stadt. Auf zwei Rädern soll eine Demonstration im Luitpoldpark starten, an der Steinskulptur der Karl-Theodor-Straße.

Samstag, 12 Uhr, ist der Beginn geplant. Offenbar haben sich kritische Lokalpolitiker und Verbände sowie Initiativen bereits ein Bild von der Autoshow gemacht. Und sie finden, dass die IAA schlicht eine Themaverfehlung ist, in Zeiten von Klimawandel, engen Städten und schmelzenden Eis-Massiven.

"Unsere Politiker machen mit der Forderung, das Verbrenner-Aus zu verschieben, die eigene Messe schlecht"

Bei einer Presserunde beim Bund Naturschutz (BN) in der Schwanthalerstraße ergriff als erster Martin Geilhufe das Wort, als bayerischer Landesbeauftragter des BN. „Wir lassen uns den öffentlichen Raum nicht für Greenwashing klauen“, sagte er, während man zusehen müsse, wie wie zuletzt am Watzmann Eisberge einstürzen.

Der Verkehrssektor sei nach wie vor einer der größten Klimakiller. Immerhin schreite bei der diesjährigen IAA zwar die Elektrifizierung spürbar voran. Aber: „Warum müssen auch Elektroautos immer größer schwerer und durstiger werden?“, fragt er. Um die Klimaziele zu erreichen, brauche man dringend das bereits beschlossene Ende des Verbrenners, aber: „Während bei BMW und Co. konkurrenzfähige E-Fahrzeuge ausgestellt werden, rütteln Politiker wie Markus Söder am Verbrenner-Aus. Das sind Debatten von gestern“, sagt Geilhufe und wird drastisch: „Die Politiker machen so die eigene Messe schlecht!“

"Am Ende könnte das Geld für sinnvolle Projekte wie das Deutschlandticket fehlen"

Er befürchtet, dass der Staat gezwungen sein könnte, mit Steuergeldern teure CO2-Zertifikate zu kaufen, damit Klimaziele erreicht werden, falls das Verbrenner-Ende verschoben werde. „Das Geld könnte dann für sinnvolle Projekte fehlen, wie beim Deutschlandticket“.

Christoph von Gagern, Vertreter des Verkehrsclubs Deutschland in München, argumentiert räumlich. Die Priorisierung des Autoverkehrs in der Stadt findet er völlig falsch. „Wir brauchen eine gerechte Verteilung“, sagt von Gagern. Und damit meint er: mehr Platz für Rad- und Fußverkehr.

Teile des IAA-Protestbündnisses. Von links: Michael Geilhufe (BUND), Katharina Horn (BUND-Geschäftsführerin), Katja Deutsch (Anwohnerin der Altstadt), Gerhard Pischel (Bezirks-Co-Vorsitzender Maxvorstadt), Janina Laube (Green City), Christoph von Gagern (Verkehrsclub Deutschland).
Teile des IAA-Protestbündnisses. Von links: Michael Geilhufe (BUND), Katharina Horn (BUND-Geschäftsführerin), Katja Deutsch (Anwohnerin der Altstadt), Gerhard Pischel (Bezirks-Co-Vorsitzender Maxvorstadt), Janina Laube (Green City), Christoph von Gagern (Verkehrsclub Deutschland). © Hüseyin Ince

Eine Anwohnerin hat sich der Runde angeschlossen, Katja Deutsch. Sie lebt im Bezirk Altstadt-Lehel. Die Innenstadt werde völlig zweckentfremdet. Sie findet es widersprüchlich, dass einerseits eine Projektion Robert Habecks (Grüne) am Siegestor skandalisiert wurde, aber andererseits die Stadt für einen kommerziellen Zweck wie die IAA zum ganz großen Werbeplakat gemacht werde.

"Was kommt als nächstes, ein Betonmischer in der Residenz zu Baumaschinen-Ausstellung?"

Gerhard Pischel (Grüne), stellvertretender Bezirksausschusschef in der Maxvorstadt, bemängelt, dass die mehrheitliche Abstimmung im Bezirk gegen die IAA schlicht ignoriert worden sei. Er befürchtet neue Begehrlichkeiten, wenn etwa eine Baumesse stattfindet. „Steht dann ein Riesenkran am Königsplatz oder ein Betonmischer in der Residenz?“, fragt er rhetorisch.

Fast obligatorisch unterstützt auch der Münchner Verein Green City den zivilen Anti-IAA-Protest. Die Automesse sei ein Schlag gegen die Zivilgesellschaft, sagt Referentin Janina Laube. Was sie täglich mitbekomme: „Alle, die sich ehrenamtlich für Klimaschutz engagieren, sind frustriert“, sagt sie. Die Autolobby setze sich massiv über Bürgerinteressen hinweg.

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