Braucht's des?
Irreführende Slogans auf beiden Seiten – und dünne Fakten: Der Vize-Chefredakteur der AZ über die Entscheidung zur 3. Startbahn.
Und wie stimmst du ab? Seit die Benachrichtigungen zur Abstimmung über den Bau der dritten Startbahn in den Briefkästen gelandet sind, haben mich das viele Freunde und Kollegen gefragt. Einige Münchner hat das Thema trotz des lange schwelenden Konflikts auf dem falschen Fuß erwischt – ganz offen gestanden: mich auch.
Das habe ich bisher auf Nachfrage stets durch beherztes Achselzucken kundgetan. Das lag auch daran, dass Text und Inhalt des Bürgerentscheids bei mir mehr Fragen ausgelöst haben als die eifrig diskutierenden Streithähne Antworten hatten. Warum – zum Beispiel – stimmen nur die Münchner ab, wenn der Flughafen doch erwiesenermaßen auf Freisinger Gebiet liegt?
Dass man nicht nur die Flughafen-Anwohner fragt, scheint klar – aber vielleicht wären die Stimmen der Bewohner von Ober- oder gar Niederbayern wertvoll, wenn’s um die Abwägung von Kosten und Nutzen, Belastungen und Vorteilen geht. Da wir bei der AZ davon ausgehen, dass Sie, lieber Leser, ganz ähnliche Fragen umtreiben, haben wir viele Fakten zum Startbahn-Streit zusammengestellt.
Das entbindet jeden Einzelnen nicht davon, sich eine eigene Meinung zu bilden, ja eigentlich sogar: bilden zu müssen, wie ich finde. Denn die Möglichkeiten direkter Demokratie sollten nicht nur gefordert, sondern auch genutzt werden. Auch ich habe mir mittlerweile eine Meinung gebildet, trotz in meinen Augen irreführender Slogans beider Lager: „Damit München lebenswert bleibt“ plakatieren die Startbahn-Gegner und behaupten, künftig würden „große Teile Münchens“ unter Fluglärm leiden.
Die Faktenlage hierzu ist dünn – ich fürchte, dass wir Münchner auch künftig mehr unter Lkw-Lärm leiden werden und mancher froh ist, dass der Lärm der Start- und Landebahn in Riem Vergangenheit ist. Startbahn-Befürworter halten in verschiedenen Varianten mit „München braucht die 3. Bahn“ dagegen. Die Bahn könnte Arbeitsplätze schaffen, verstärkt aber auch den Zuzug in die Region – braucht’s des wirklich?
Für meine Meinungsbildung waren schließlich zwei Argumente entscheidend: Die dritte Startbahn wird nicht aus Steuergeldern, sondern privat finanziert. Und: Ja, dieses Projekt ist auf Wachstum angelegt. Anders als die Startbahn-Gegner kann ich daran nichts prinzipiell Schlechtes finden. Ich halte das angesichts deutschlandweit steigender Passagierzahlen sogar für vernünftig. Deswegen werde ich für den Bau der dritten Startbahn stimmen.
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